Scheitern
Die Bilder bleiben im Kopf. Jedenfalls bei Fußballfans. Schmerzverzerrt faste sich Marco Reus beim Testspiel der Deutschen Nationalmannschaft gegen Armenien an sein linkes Bein. Seine Verletzung war so gravierend, dass er nicht mit nach Brasilien zur Weltmeisterschaft 2014 fliegen kann, um dort sein außergewöhnliches fußballerisches Talent auf der linken Angriffsseite zu zeigen. „Ich weiß wirklich nicht, wie ich das in Worten ausdrücken soll, was ich gerade empfinde. Ein Traum ist von einer zur anderen Sekunde geplatzt.“ sagte der Dortmunder Spieler kurz nach seinem „Aus“ für die WM 2014.
Ein geplatzer Traum, ein Scheitern, statt einen gewünschten und wie bei Marco Reus mit viel Engagement und Einsatz erkämpften Erfolgs ist eine Herausforderung. Für den Scheiternden und für seine Umgebung. Besonders dann, wenn wir vor lauter Angst zu scheitern, es nicht wagen, mutig unsere Träume zu verwirklichen. Wir fürchten uns, Fehler zu machen und hindern uns damit daran, das zu schaffen und zu gestalten, was uns weiter bringt. Oder wenn das „Schicksal“, wie bei Marco Reus dafür sorgt, dass wir unser fest anvisiertes Ziel aufgeben müssen. Unser Scheitern empfinden wir als Versagen und oft genug fühlen wir uns dadurch in unserem Selbstwertgefühl bedroht. Denn Misserfolg heißt hierzulande nicht einfach, den Erfolg ver“misst“, verpasst zu haben. Etwas, dass uns zwar ärgert und schmerzt, aber auch weiterbringen kann. Misserfolg bedeutet, dass uns unsere Umgebung misstrauisch beäugt, weil Leistung zählt und Scheitern als Makel gilt. Vielleicht geraten auch deshalb so viele Menschen in Panik vor einer Prüfung, einer Rede, einem Vortrag oder vor einer Präsentation im Rahmen einer Teambesprechung. Die Angst vor dem Scheitern kann bei ihnen soweit gehen, dass sie solche Situationen von vorneherein vermeiden oder davor davonlaufen.
Ein Weg mit der Angst vor dem Scheitern umzugehen, kann sein, dass wir in unserem Scheitern eine Chance sehen, aus unseren Fehlern zu lernen und unsere Schwächen besser zu ken-nen. Am Ende kann dies dazu führen, dass wir es wagen, uns in unseren Paniksituationen aus-zuprobieren. Mit dem Ergebnis, dass wir es schaffen, ohne zu zögern oder ohne zittrige Stimme, unser Team mit einer interessant gestalteten Präsentation von unseren Ideen zu überzeu-gen. Oder endlich den wissenschaftlichen Beitrag aufs Papier zu bringen, den wir seit langem in unserem Kopf tragen.
Checkliste
1.) Scheitern führt oft zu Selbstmitleid. Experimente der Universität in Kent zeigen, dass besonders Perfektionisten darunter leiden, wenn sie keinen Erfolg haben. Konzentrieren sich die Gescheiterten darauf, was dennoch gut in ihrem Misserfolg war, fällt es ihnen allmählich leichter, ihre Niederlagen zu akzeptieren und manchmal sogar humorvoll damit umzugehen. Wie sagte der britische Staatsmann Winston Churchill? „Ein kluger Mann macht nicht alle Fehler selbst. Er gibt auch anderen eine Chance.“
2.) Menschen wie Marco Reus wissen, dass schicksalhaftes oder durch falsche Entscheidungen entstandenes Scheitern kein Mankel ist. Der junge Borussia Spieler sagte am Ende seines Statements zu seiner Verletzung, „…denn es muss weitergehen. Ich komme noch stärker zurück, als ich war.“
3.) Unser Scheitern und unser Lernen daraus kann dazu führen, dass wir am Ende mehr Möglichkeiten des Handels für uns entdecken und eventuell kreativer tätig sind als zuvor.
4.) 2008 sagen „Die Ärzte“ in ihrem Lied vom Scheitern: „Du bist immer dann am besten, wenn du einfach ganz normal bist. Du bist immer dann am besten, du musst das nicht mehr testen. Jedesmal!“
Tipps zum Lesen
Schüttelkopf, Elke M.: Lernen aus Fehlern, 2013, Haufe-Lexware, ISBN: 978-3648045954
Die Ärzte: Lied vom Scheitern, als Single ausgekoppelt, 2008