Ihr Aufrag bitte!

Ihr Aufrag bitte!

 

„Mir graut vor dem nächsten Abteilungsleitermeeting in zwei Monaten. Mein Geschäftsführer erwartet von mir ein Kurzreferat über die von mir ausgearbeitete neue Vertriebsstruktur. Ich bin kein geborener Redner, das Vortragen ist mir schon an der Uni schwer gefallen.“ Auch ein Rhetorik-Seminar während des Studiums hatte Thorsten G. nicht geholfen, seine Ängste vor einem Auftritt abzubauen. Der studierte Diplomkaufmann und Mitarbeiter bei einem traditionsreichen Süßwarenhersteller spürte bei jeder Präsentation vor seinen Kolleginnen und Kollegen, wie ihm die roten, hektischen Flecken ins Gesicht steigen „und spätestens dann fange ich an, mich extrem unwohl zu fühlen und entsprechend schlecht stelle ich mich dann dar“. Im Laufe der Jahre hatte Thorsten G. deshalb jede Situation vermieden, bei der er befürchtete, sich öffentlich vor anderen äußern zu müssen. „Mit der Konsequenz, dass ich auf der Karriereleiter in unserem Betrieb nicht sehr weit nach oben gekommen bin.“ Sein neuer Chef hält viel von seinem analytischen Denken und hatte ihn deshalb gebeten, das von Thorsten G. für das Unternehmen wichtige Vertriebskonzept selbst vorzutragen. „Ich will ihn einfach nicht enttäuschen. Und vielleicht schaffe ich es ja doch einmal, eine Präsentation halbwegs gut vorzutragen.“

Mit einem intensiven Coaching arbeitete Thorsten G. daran, seine Schutzmechanismen dem gefürchteten Auftritt, die er sich im Laufe der Jahre angeeignet hat, abzubauen und zu verändern. Der für ihn erste und wichtigste Schritt war dabei, „dass ich mir und meinem Gegenüber erlaube zu merken, dass ich rot und hektisch werde, und dass ich für mich erarbeitet und erkannt habe, dass dies nicht weiter schlimm ist.“

In einem bewusst von ihm ausgewählten Training konfrontierte sich Thorsten G. dann täglich mit für ihn schwierigen Situationen. Etwa, in dem er in der Cafeteria beim Mittagessen mit den Kolleginnen und Kollegen allgemeine Themen zur Diskussion stellte und sich dazu zwang, selbst einen Beitrag zu machen, den er vorher innerlich vorbereitet hatte. „Die ersten Male reagierten meine Kolleginnen und Kollegen erstaunt, so kannten sie mich nicht. Inzwischen klappt das ganz gut und keiner wundert sich mehr.“

Als unterstützend empfand Thorsten G., dass er sich seine Stärken und Fähigkeiten bewusst machte und versuchte, sich darauf zu konzentrieren. Gleichzeitig arbeitete er daran, sich weniger abhängig davon zu machen, was andere von ihm denken und von ihm halten. „Je mehr ich gespürt habe, wie mein Selbstvertrauen zunimmt, umso geringer wurde mein Angst vor den hektischen Flecken im Gesicht. Die Präsentation wurde dann nicht die Sensation. Aber zum ersten Mal haben mir die meisten zugehört und die anschließende Diskussion hat noch etliche zielführende Ergebnisse gebracht. Für mich persönlich ein großer Erfolg.“

Checkliste

 

1.) Emotionen werden mehr oder weniger von körperlichen Reaktionen begleitet. Hektische Flecken im Gesicht oder das vor Aufregung rot anlaufen treten häufig dann auf, wenn wir aufgeregt sind. Vor oder während einer Präsentation, einem Vortrag oder vor oder bei einer für uns wichtigen privaten oder beruflichen Begegnung. Viele Menschen schämen sich dafür, haben Angst davor, ausgelacht und verlacht zu werden und versuchen deshalb, derartige Situationen zu vermeiden. Schon, weil wir ungern anderen Menschen zeigen, dass wir uns mit uns selbst unwohl fühlen.

 

2.) Mit Hilfe eines Coachings oder einer Therapie können wir versuchen, besser mit unserem Rotwerden und unseren hektischen Flecken umzugehen. Atemübungen zur Entspannung, ein Training zur Verbesserung des Selbstbewusstseins und der Selbstwertschätzung und das Akzeptieren des Rotwerdens und der hektischen Flecken können dabei helfen.

 

3.) In einem nächsten Schritt können wir uns die angstmachenden Gedanken bewusst machen, sie konkretisieren und dann in der Realität immer wieder überprüfen.

4.) Unterstützend wirkt weiterhin, wenn wir uns den spezifischen angstauslösenden Reizen bewusst stellen und uns selbst damit konfrontieren. Zunächst im geschützten Raum des Coachings oder der Therapie, später dann „draußen“ im Alltag und indem wir die Herausforderungen allmählich steigern. Beispielsweise, wenn wir zunächst im kleinen Kollegenkreis etwas sagen, dann in internen Meetings und später bei Vorträgen und Präsentationen im größeren Rahmen, wie einem Kongress oder bei Vertragsverhandlungen.

Tipps zum Lesen

 

Schimmel, Stefan: Ihr Auftritt bitte, 2010, Goldegg Verlag, ISBN: 9783902729118

Thiele, Albert: Präsentieren ohne Stress, 2010, Frankfurter Allgemeine-Buch, ISBN: 9783899812381

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