Ich fürchte mich…

… einfach zu sehr davor, dass ich nichts zu erzählen habe und sich keiner mit mir unterhalten möchte. Lieber gehe ich deshalb erst gar nicht hin“, begründete Udo K. sein erneutes Fernbleiben von der Weihnachtsfeier in seinem Betrieb, „sozusagen alle Jahre wieder“. Seit Jahren vermeidet der gelernte Maschinenbau alle gemeinsamen Unternehmungen mit seinen Kollegen und Kolleginnen. Sein neuer Chef, der seine Arbeit schätzt, wollte das nicht so einfach akzeptieren. „Er hat nicht locker gelassen, bis ich mehr oder weniger freiwillig einem Coaching zugestimmt habe, und dabei genauer hinschauen möchte, weshalb ich mich so sehr davor fürchte, mit meinen Kolleginnen und Kollegen über den unmittelbaren Alltag im Betrieb hinaus Kontakt zu haben und auch mal auf ein Bier nach Feierabend mitgehe oder am Betriebsausflug teilnehme oder eben an der Weihnachtsfeier.“

Udo K. hatte seit langem an sich beobachtet, dass er engen Beziehungen ausweicht und sich lieber im Hintergrund hält, „wie die berühmte graue Maus“. Auf seine Kolleginnen und Kollegen wirkte er dadurch desinteressiert und arrogant. Gleichzeitig versuchte er, seine Arbeit perfekt zu machen, „denn wenn ich sie perfekt mache, kann mich niemand kritisieren“.

Hinter seiner Angst, abgelehnt zu werden, steckte bei Udo K. das Gefühl, er sei nicht gut genug, er würde die anderen enttäuschen, wenn sie ihn erst einmal näher kennen lernen würden, denn er habe nichts zu bieten, er sei uninteressant, sei langweilig und sowieso ein Versager. Kritik an einem bestimmten Verhalten oder einer bestimmten Ansicht „war für mich wie ein Todesurteil. Ich fühlte mich total entwertet. Dabei gefiel meinem Gegenüber nur meine Meinung zu einem konkreten Thema nicht.“

Schritt für Schritt begann er, sein Selbstwertgefühl aufzubauen. Dabei „half mir die Erkenntnis, dass ich mich bislang vom Urteil der anderen abhängig gemacht habe. Nur wenn sie mich gut finden, bin ich gut, dachte ich immer. Diese selbst gewählte Abhängigkeit wollte ich nicht mehr.“ Er versuchte vielmehr zu lernen, sich so anzunehmen wie er ist, mit seinen positiven und seinen weniger positiven Seiten, mit seinen Unsicherheiten und Ängsten. „Eine besondere Herausforderung war für mich, zu akzeptieren, dass Menschen mich einfach annehmen so wie ich bin, ohne dass ich etwas dafür tun muss. Und, dass ich mich nicht mehr davor fürchten muss, ich könnte abgelehnt werden, wenn ich mich zeige.“

   

Checkliste

 

1.) Die Angst vor Ablehnung ist eine der am weitesten verbreiteten Ängste. Wir fürchten uns davor, etwas zu tun oder zu sagen, was unserem gegenüber nicht gefällt, weil dies – so unsere Sorge -, ihn z. B. dazu bringen wird, Schreckliches über uns zu denken und entsprechend zu reagieren.

 

2.) Bei einer sehr tief sitzenden Angst vor Ablehnung, bei einer sozialen Phobie, empfiehlt sich eine Therapie. Ansonsten kann uns ein Selbstcoaching, ein Coaching oder das Gespräch mit Freunden und der Familie weiter helfen.

 

3.) Lernen wir, uns anzunehmen in allen unseren Facetten, uns Wert zu schätzen, Kritik anzunehmen, Nein zu sagen, Grenzen zu setzen und weitgehend ohne Angst unserem Gegenüber unsere Ansicht und Meinung mitzuteilen, dann nimmt die Angst vor Ablehnung ab und unsere Freude am Kontakt zu anderen zu.

 

Tipps zum Lesen

Cramer, Gunnar, Furuholmen, Dag, Ich coache mich selbst! Das Erfolgstraining gegen Stress, Angst und andere Belastungen. Der Ratgeber für ein selbstbewussteres Leben, 2010, Humboldt Schlütersche Verlagsgesellschaft, ISBN: 9783869104775

Beiträge, die Sie auch interessierten könnten