Gelassen sein
Der Laster mit der Frischware steckte im Stau und kam Stunden zu spät zum Supermarkt, jetzt muss die Theke im Supermarkt vor dem Ansturm der Wochenendeinkäufer schnell und dennoch sorgfältig gefüllt werden. Der Chef hat vergessen, die umfangreiche Vorlage für den Vorstand erstellen zu lassen, bis morgen soll sie bei den Vorstandsmitgliedern auf dem Tisch liegen und muss in Nachtarbeit erstellt werden. In der Notaufnahme der Klinik drängeln sich die Notfallpatienten… Dies sind Situationen im Beruf, in denen wir möglichst gelassen bleiben müssen, und dabei am liebsten aus der Haut fahren möchten und dies oft genug auch tun. Um uns danach zu wünschen, wäre ich doch ruhig geblieben, statt lauthals loszupoltern und womöglich mein Gegenüber auch noch mit Worten zu verletzen, die am liebsten ungesagt geblieben wären.
Nur, wie schaffe ich es, ruhig und gelassen zu bleiben, wenn ich ungerecht kritisiert werde oder mein Zug eine Stunde Verspätung hat, und ich deshalb einen für mich wichtigen Termin verpasse? Sicher, ich könnte mir sagen, bleibe ruhig, Du verantwortest die Verspätung nicht. Ungerechte Kritik könnte ich einfach an mir abprallen lassen. Vorausgesetzt ich denke im Moment der Kritik daran.
Leider gehöre ich nicht zu den Menschen mit einem ruhigen und gelassenen Temperament. Bei mir hat meine Geduld meist ein frühes Ende, etwa, wenn ich vor einer schwierigen beruflichen Herausforderung stehe oder ich für eine bestimmte Meinung, ein spezielles Produkt gewonnen werden soll oder eine Entscheidung in einer Situation treffen soll, die ich nur unzureichend kenne. Nach längerem Gelassenheitstraining schaffe ich es inzwischen, selbstbewusster mit schwierigen Situationen umzugehen und fühle mich dadurch weniger gestresst. Ich akzeptiere seitdem auch, dass ich das Wetter, das Stehen im Stau oder eine Verspätung der Bahn einfach nicht ändern kann und versuche deshalb, mich nicht mehr darüber aufzuregen. Schwieriger wird es für mich bei einem unhöflichen Gegenüber, bei verbalen Sticheleien oder bei aggressiven Äußerungen. Beobachte ich bei mir, dass ich beginne, meine Gelassenheit verliere, dann versuche ich, innerlich – und äußerlich – einen Schritt zurück zu treten, mehrfach tief und gleichmäßig durchzuatmen und die Situation aus etwas mehr Distanz zu betrachten. Dies gelingt etwa mit dem Satz, welche Bedeutung hat das Ereignis in fünf Jahren für mich. Oft frage ich mich zudem, was könnte mir jetzt im schlimmsten Fall passieren? Damit glückt es mir immer wieder, doch meine Ruhe zu bewahren und erst in den Momenten engagiert zu reagieren, die mir wirklich wichtig sind und bei denen es sich aus meiner Sicht lohnt, mich dafür einzusetzen.
Checkliste
1.) Gelassene Menschen sind meist weniger gestresst, sie treffen selten vorschnelle und falsche Entscheidungen. Sie sind erfolgreicher, weil sie mit ruhigem Abstand die Herausforderungen in ihrem beruflichen Alltag betrachten und dadurch zu kreativen Lösungen finden.
2.) Gelassenheit lässt sich trainieren, ganz individuell, mit einem Coach oder einem Therapeuten, den jeder Mensch geht mit Stress unterschiedlich um.
3.) Für den einen ist es möglicherweise hilfreich, in fordernden Situationen tief einzuatmen und dabei in die Ferne zu schauen und beim Ausatmen etwas in der Nähe zu fixieren, also beim tiefen Ein- und Ausatmen bewusst die Perspektive zu wechseln. Für einen ehrgeizigen, dynamischen Menschen kann dagegen gut sein, sich vor allem regelmäßig körperlich auszupowern und so seine Stresshormone abzubauen.
4.) Gelingt es uns, uns innerlich davon zu verabschieden, dass unser Gegenüber unsere Erwartungen erfüllen muss, werden wir unabhängig vom Verhalten der anderen und können gelassen loslassen.
5.) Je selbstbewusster wir sind, je mehr wir uns und unsere Fähigkeiten kennen und richtig einschätzen, umso gelassener werden wir sein und bleiben.
Tipps zum Lesen
Fey, Gudrun, Gelassenheit siegt, 2010, Walhalla U. Praetoria Verlag, ISBN: 9783802945250