Veränderung
„Ich habe mir vorgenommen, den Rest des Jahres mit weniger Kalorien auszukommen und mehr Sport zu treiben“, antwortete mir mein Klient Harald M. drei Tage vor dem Jahreswechsel auf meine Frage, welche Vorsätze er denn gefasst habe. Erst im zweiten Moment erkannte ich die Ironie in seiner Aussage. Und seine verschmitzte Klugheit, meiner unpräzisen Frage mit Humor zu begegnen und sich dabei selbst fröhlich zu glossieren. Denn drei Tage lang und damit für den Rest des Jahres, das wusste er aus Erfahrung, konnte er sein von ihm selbst gewähltes Ziel problemlos verfolgen. Dagegen war er bereits mehrfach an den eigenen Vorsätzen gescheitert, mit Beginn des neuen Jahres, anzufangen sein Gewicht zu reduzieren.
Harald M. geht es dabei wie fast allen Menschen, die sich zu bestimmten Zeiten wie dem Jahreswechsel, an ihrem Geburtstag oder im Urlaub vornehmen, endlich alte Gewohnheiten aufzugeben und durch neue zu ersetzen. Wenn die Statistiker recht haben, dann gelingt es nur 8 % aller Deutschen, ihre am 1. Januar gefassten Entschlüsse länger als ein paar Tage durchzuhalten. Jedes Jahr aufs Neue stehen weniger Stress im Beruf, mehr Zeit für Freunde, Familie und sich selbst, gesünder ernähren und weniger Alkohol trinken ganz oben auf der Liste der guten Vorsätze, die dann nach kurzer Zeit wieder sang- und klanglos begraben wird.
Weshalb es den meisten von uns schwer fällt, selbst gewählte Ziele zu erreichen, hat vielfältige und individuelle Gründe. Manchmal sind die Ziele zu hoch gesteckt und von vorneherein unerreichbar oder die Liste mit den Wünschen nach Veränderungen ist zu lang und im Alltag gar nicht zu bewältigen. Oft fehlt es jedoch an Mut und an Kraft, einen Neuanfang zu wagen. Alte Gewohnheiten sind vertraut, sie verunsichern nicht. Sich zu verändern, heißt dagegen, sich auf Unbekanntes einzulassen und viel zu oft sind es unsere eigenen Sehnsüchte und Schwächen, die uns beim Versuch eines Neuanfangs plötzlich bewusst werden. Etwa, dass wir den Stress im Beruf oder in der Partnerschaft dringend brauchen, damit wir uns als Wert geschätzt erleben. Oder dass wir die Schokolade mitten in der Nacht lieben, weil wir uns dann „rund“ fühlen. Wenn es uns allerdings gelingt, zunächst unsere vermeintlichen Schwächen zu akzeptieren und sie ohne uns selbst zu verurteilen anzunehmen, dann können wir unsere gute Vorsätze im Laufe der Zeit meist erfolgreich umsetzen. Vorausgesetzt, wir möchten uns dann noch verändern, und die von uns gesteckten Ziele sind realistisch, für uns erreichbar und keine Träumereien.
Checkliste
1.) Damit ein Neuanfang gelingen kann, ist es hilfreich, sich genau zu überlegen, was ich ändern möchte, welche realistischen Ziele und Teilziele ich erreichen will und bis wann.
2.) Vor allem gilt es jedoch, sich die Frage zu stellen, ob ich überhaupt eine Veränderung wünsche. Will ich wirklich abnehmen, den Job wechseln oder weniger Stress im Beruf haben oder bleibe ich lieber bei meinen Gewohnheiten?
3.) Manchmal hilft es auch, Partner, Kollegen, Freunde, einen Psychologen oder einen Coach um Unterstützung zu bitten, und sie als kritische „Supporter“ unseres Anliegens zu engagieren. Immer dann, wenn wir Gefahr laufen, unsere Vorsätze aufzugeben, sollen sie uns an unsere Wünsche erinnern und dabei behilflich sein, dass wir nicht aufgeben. Bei Freunden und Partnern ist es wichtig, genaue Spielregeln miteinander zu vereinbaren, damit Beziehungen nicht darunter leiden.
4.) Zielführend ist es auch, kleine Schritte zu gehen, erreichte Teilziele mit anderen zu feiern und bei Misserfolgen nicht sofort alle Vorsätze aufzugeben.
Tipps zum Lesen
Fritsch, Oliver, Alles anders. 15 Fragen, die Ihr Leben verändern
2010, Moderne Verlagsgesellschaft, ISBN: 9783636070869