Die Miroslav-Klose-Methode

Erinnern Sie sich noch? An das erste Spiel der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika in Durban? Gegner Australien? 8. Minute: Tor Lukas Podolski zum 1:0 und ja, richtig, 26. Minute Kopfball Miroslav Klose zum 2:0: Der sensible Torjäger, den 80 Millionen deutsche Fußballtrainer bis zum Anpfiff für eine Fehlbesetzung im deutschen Team hielten (mich eingeschlossen), war offensichtlich mental und körperlich fit und hatte genau zum richtigen Zeitpunkt die ihm eigene Leichtigkeit im Umgang mit dem Ball wiedergefunden. „Meine große Stärke ist es, mich in schlechten Zeiten voll auf den Punkt zu konzentrieren. Und wenn es läuft, freue ich mich, dass es so ist“ beschrieb der 32jährige in der FAZ (5.7.2010) seine „Miroslav-Klose-Methode“.

Volle Konzentration auf das von ihm festgelegte Ziel, Feiern des Erfolgs, wenn er es geschafft hat – vielleicht hat Miroslav Klose wesentliche Elemente des mentalen Trainings in seiner Vorbereitungsarbeit genutzt, das 2004 der damalige Bundestrainer Jürgen Klinsmann in die Arbeit mit der Nationalmannschaft eingeführt hatte. Denn Herausforderungen wie das Gewinnen einer Fußballweltmeisterschaft, das Bestehen einer Prüfung, eine perfekte Rede im Vorstand, eine Abiturarbeit, eine riskante Operation oder eine Notlandung mit einem vollbesetzten Flugzeug – sie alle werden auch im Kopf entschieden. Natürlich müssen die jeweiligen Fähigkeiten – Fußball spielen, Reden halten, Prüfungen bestehen, operieren oder fliegen können – vorhanden und optimal trainiert sein. Empfinden wir jedoch einen bestimmten Wettkampf als Bedrohung, eine Prüfung als Schreckensgespenst oder das Halten einer Rede als fast unerträglich für uns, bleiben wir trotz aller vorhandenen Talente und intensivem Training vermutlich weit unter unseren eigentlichen Möglichkeiten. Das mentale Training kann uns dabei helfen, uns unter extremen Bedingungen auf unsere Stärken zu fokussieren, uns auf die konkrete Situation zu konzentrieren und unser vorhandenes Wissen und Können optimal und zum richtigen Zeitpunkt abzurufen.

Beim mentalen Training üben wir die jeweilige Handlung innerlich und wiederholen sie planmäßig, ohne sie real durchzuführen. Das mentale Training ist das Training unserer Vorstellung von einer Bewegung oder von einer Situation, bei dem wir möglichst viele unserer Sinne einsetzen. Wir beobachten beispielsweise mit Hilfe innerer Bilder, wie wir unseren Golfschwung bestmöglich durchführen. Wir bestärken uns durch unser Selbstgespräch „ich kann ihn“, durch das Hören des Balls auf dem Golfschläger beim Abschlag, wir riechen die uns umgebende Luft und schmecken das kühle Bier nach dem gewonnenen Spiel. Wir beeinflussen unseren Geist durch unsere Vorstellung, trainieren unsere Bewegungen mental regelmäßig und über längere Zeit – neben dem eigentlichen Training -, und schenken uns damit die Chance, die von uns selbst gewählten Ziele erfolgreicher als bislang zu erreichen.

 

Genießen Sie Ihre Leichtigkeit mit Ihrem „Ball“

Checkliste

Die Checkliste verweist auf Fragen und Erfahrungen aus der täglichen Coaching-Praxis.

1.) Beim mentalen Training geht es nicht darum, positiv zu denken und gut drauf zu sein. Mentales Training ist harte Arbeit. Wir müssen dabei unsere bequeme Komfortzone verlassen und systematisch und längere Zeit an uns arbeiten. Üblicherweise wechseln wir dabei mentales Training und reales Training miteinander ab.

 

2.) Entspannungsübungen sind wichtige Bestandteile des mentalen Trainings.

 

3.) Zum mentalen Training gehören auch der positive Umgang mit der Niederlage und das Lernen daraus.

 

4.) Mentales Training ist die Simulation ähnlich einem Flugsimulator einer realen Situation, Bewegung oder Handlung.

 

5.) Einen ersten, groben Einblick in die Wirkungsweise von mentalem Training vermittelt eine kleine Übung: Platz für ausgestreckten rechten Arm haben. Schulterbreit hinstellen. Beine bleiben stehen, sind im Boden verankert. Rechten Arm horizontal nach vorne ausstrecken, Daumen der rechten Hand zeigt nach oben. Langsam den Arm nach rechts drehen. Referenzpunkt merken, auf den der Daumen zeigt, den Sie mit Ihrer maximal ausgeführten Armdrehung erreichen. Zurück in die Ausgangsposition. Augen schließen. Bewegung innerlich, also in der eigenen Vorstellung wiederholen, ohne sie jedoch praktisch auszuführen. Versuchen Sie bei Ihrer innerlich durchgeführten Bewegung mit Ihrem Arm 20 bis 30 cm weiter zu drehen als zuvor. Augen öffnen. Jetzt Bewegung erneut real durchführen. Wohin kommen Sie, wohin zeigt Ihr Daumen jetzt?

 

Tipps zum Lesen

Immer, wenn es für uns möglich ist, wählen wir für Sie aus der sehr umfangreichen Literatur zu Beruf und Karriere einige Bücher aus, die unsere ganz subjektiven Empfehlungen für Sie sind:

Amler Wolfgang, Bernatzky Patrick, Knörzer Wolfgang, Integratives Mentaltraining im Sport 2008, Meyer Verlag, ISBN: 9783898991971

 

Eberspächer, Hans, Gut sein, wenn’s drauf ankommt, Erfolg durch mentales Training

2008, Hanser Fachbuch, ISBN: 9783446414938

Hermann Hans Dieter, Mayer Jan, Mentales Training: Grundlagen und Anwendung in Sport, Rehabilitation, Arbeit und Wirtschaft, 2009, Springer Verlag, ISBN: 9783540763512

Beiträge, die Sie auch interessierten könnten