Danke, ich fühle mich geehrt, ich kann jedoch nicht, …
… weil mein Terminkalender voll ist“, antwortete mir der Kollege freundlich und bestimmt auf meine Bitte um einen Besprechungstermin wegen eines komplexen Beratungsgespr&aumauml;chs, für das ich seinen Rat wünschte. Nach einigen Momenten der Enttäuschung über seine Absage kam bei mir der Respekt. Er hatte mir meinen Wunsch abgelehnt, und sein Nein mit einem anerkennenden Dankeschön verbunden. Wie oft stehen wir vor der Herausforderung, eine Anfrage unserer Chefin, unseres Kollegen, von Freunden, Familie und Nachbarn nicht entsprechen zu wollen und dann nicht zu wissen, wie wir Nein sagen sollen. Am Ende stimmen wir dann einer weiteren Besprechung zu – trotz unseres bereits übervollen Terminkalenders -; wir übernehmen ein neues Aufgabengebiet, für das uns eigentlich längst die Zeit fehlt oder wir helfen unserem besten Freund wieder einmal beim Umzug. Dabei konnten wir schon beim letzten Mal seine schweren Bücherkisten nur keuchend schleppen. Das Ergebnis kennen wir. Wir sind unzufrieden darüber, dass wir erneut nachgegeben haben, statt freundlich und bestimmt Nein zu sagen. Wir scheuen uns davor, klar und respektvoll Nein zu sagen, weil wir befürchten, dass wir dann nicht mehr geschätzt werden, dass uns im Beruf Konsequenzen drohen, dass wir herzlos wirken oder weil wir das Bedürfnis nach Anerkennung haben und uns eine weitere Aufgabe das Gefühl gibt, noch unentbehrlicher zu sein. Besonders, wenn die Bitte mit dem Kompliment verbunden wird, dass wir die einzigen seien, die das könnten.
Beim Nein-Sagen geht es nicht darum, grundsätzlich alles abzulehnen. Richtig ist vielmehr, genau zu prüfen, wann ich eine Aufgabe gerne übernehme oder einer Bitte nachkomme und wann es angebracht ist, dies nicht zu tun. Haben wir erst einmal gelernt, immer wieder (und immer öfter) selbstsicher ein Nein zu formulieren, geschieht oft etwas Erstaunliches. Freunde, Chefs und Kollegen schätzen dann unser Ja und unsere Hilfe umso mehr, weil sie spüren, wir wollen sie jetzt wirklich unterstützen und die uns gestellten Aufgaben gut mit ihnen gemeinsam lösen.
Checkliste
Die Checkliste verweist auf Fragen und Erfahrungen aus der täglichen Coaching-Praxis.
1.) Natürlich sagen wir nicht zu allem Nein. Es gibt jedoch wiederholt Situationen, in denen wir gerne eine Bitte abgelehnt hätten und dann doch wieder Ja gesagt haben. Wenn Sie sich häufiger überredet fühlen, dann hilft Ihnen vielleicht die Strategie der kleinen Denkpause. Ein „Moment, ich denke kurz darüber nach“ verhilft Ihnen dazu, den Wunsch und seine Folgen für Ihr Zeitbudget zu analysieren und dabei zu prüfen, ob Sie ihn erfüllen möchten und können oder nicht.
2.) In Kollegenkreisen spricht es sich sehr schnell herum, dass Sie jemand sind, dem noch eine weitere Aufgabe aufgeladen werden kann, und dass Sie diese dann auch noch schaffen. So lange, bis Sie frustriert oder erschöpft sind. Jedem von uns ist es erlaubt, auch mal nein zu sagen.
3.) Formulieren Sie Ihr Nein klar, unmissverständlich und freundlich. Etwa, in dem Sie sich geehrt fühlen, wie mein Kollege. Oder, in dem Sie einen anderen Vorschlag machen, der Ihrem Gegenüber weiter hilft.
4.) Wenn Sie sich ständig verpflichtet fühlen, die Wünsche der anderen zu erfüllen und Ihre eigenen dabei weit hinten an stellen, dann prüfen Sie, ob Sie ein gesundes Selbstwertgefühl haben oder ob Sie etwas dafür tun könnten.
Tipps zum Lesen
Immer, wenn es für uns möglich ist, wählen wir für Sie aus der sehr umfangreichen Literatur zu Beruf und Karriere einige Bücher aus, die unsere ganz subjektiven Empfehlungen für Sie sind:
Baum, Tanja: Die Kunst, freundlich Nein zu sagen. Konsequent und positiv durch Beruf und Alltag, 2008, Redline Wirtschaftsverlag, ISBN: 978-3636015891
Fensterheim, Herbert, Sag nicht ja, wenn du nein sagen willst: Wie man seine Persönlichkeit wahrt und durchsetzt, 2006, Goldmann Verlag, ISBN: 978-3442112975