Sich zuhause über den Beruf ärgern?
Viel zu oft sitzt der Ärger über Mitarbeiter, Kollegen und Führungskräfte mit am Feierabendtisch. Nach anstrengenden Stunden im Beruf rattern die Gedanken zuhause weiter und beschäftigen sich mit ungerecht empfundener Kritik, mit abwertenden Bemerkungen oder mit Arbeitsaufträgen, die in der geforderten Zeit nicht zu schaffen waren. Und statt am Arbeitsplatz zu bleiben, sorgt der Ärger daheim für Streit und dies häufig genug aus nichtigen Gründen. Ein falsch aufgefasstes Wort reicht für eine genervte Reaktion meist schon aus. Eine ähnliche Antwort lässt dann meist nicht sehr lange auf sich warten. Dabei sind Partner, Familie und Freunde die wichtigsten Gesprächspartner, wenn es um den täglichen Stress am Arbeitsplatz oder in der eigenen Firma geht. Und natürlich muss der Ärger raus. Wird er allerdings immer zuhause abgeladen und nicht dort angesprochen, wo er her kommt, dann kann dies dazu führen, dass sich die Menschen zuhause zunehmend als eine Art seelischer Mülleimer fühlen, wenn sie das tägliche Lamento hören, ohne dass sich etwas ändert.
Stress am Arbeitsplatz lässt sich nicht vermeiden. Damit er jedoch im Privatleben keinen ständigen Platz bekommt, ist zunächst zu fragen, welche Ursachen er hat. Sind es tatsächlich die anderen, die uns auf die Nerven gehen oder doch eher die eigenen Ansprüche an den Beruf, die sich nicht so erfüllen lassen, wie wir es geplant hatten? Das ruhige Gespräch daheim oder bei Freunden kann helfen, herauszufinden, woher der Ärger tatsächlich resultiert und welche Lösungen eventuell möglich sind.
Damit die Klagen einen angemessenen Raum einnehmen können, ohne zu viel Platz im privaten Alltag zu bekommen, sollten sich Familien und Partner zu einem fest definierten Zeitpunkt vereinbaren, zu dem sie darüber reden. In der übrigen Zeit bleibt der berufliche Stress möglichst außerhalb der häuslichen Wände. Aktivitäten wie Fitness-Training, Spazierengehen, Joggen oder Radfahren, Gartenarbeit, Werkeln im Bastelkeller, Entspannungstechniken, Boxen auf den Punchingball, ein entspannender 10-Minutenschlaf auf der Coach oder lautes Singen oder Schimpfen im Auto auf dem Weg nach Hause können dabei helfen, den Frust abzubauen.
Ergibt sich aus den Gesprächen, dass den täglichen Ärger im Büro weniger die anderen verursachen, sondern dass wir mit uns unzufrieden sind und wir dies lediglich auf die anderen projizieren, dann hilft nur eines: Der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Und uns eventuell professionell dabei helfen lassen, mit den beruflichen Herausforderungen besser umgehen zu können. Z. B. beim Zeitmanagement: Wir planen keine oder zu wenig Zeit für Unvorhergesehenes ein und sind dann schnell genervt, wenn unerwartete Aufgaben auf uns zukommen oder wenn wir für Arbeitsaufträge länger brauchen als von uns vorgesehen. Ebenso kann uns bedrängen, dass wir eigentlich nicht genau wissen, welche beruflichen Ziele wir verfolgen und welche wir erreichen möchten. Die täglichen Ärgernisse bekommen dann häufig einen zu hohen Stellenwert, weil der Blick auf die beruflichen oder privaten Chancen fehlt. Hätten wir konkrete Vorstellungen, dann würden sich viele Unstimmigkeiten dort einordnen lassen, wo sie hingehören: Zu unangenehmen Momenten, die wenig mehr als eine kurze Aufmerksamkeit von uns brauchen.
Ist es allerdings die objektiv zu große Arbeitsbelastung, die uns erbost, dann gilt es mit dem Chef darüber zu reden und dabei auch über eventuelle Konsequenzen nachzudenken, bis hin zu einem Arbeitsplatzwechsel.
1.) Konflikte im Beruf sind für die meisten Berufstätigen alltäglich. Sie gilt es möglichst rasch in einem vier-Augen-Gespräch und in ruhiger Atmosphäre zu bearbeiten. Denn ungelöste Konflikte können am Ende so groß werden, dass Lösungen nicht mehr möglich erscheinen oder sich diese nur mit sehr viel Aufwand herbeiführen lassen.
2.) Hat der Partner, hat ein Familienmitglied Probleme im Beruf, dann kann ihm zum Beispiel damit geholfen werden, das ihm in einem Gespräch ein Blick aus einer anderen Perspektive angeboten wird. Nicht zu empfehlen ist, ihm das Bearbeiten des beruflichen Konflikts abzunehmen. Ihm wird damit signalisiert, Du schaffst es nicht ohne mich.
3.) Nicht jeder möchte ein Ratgeber sein. Sollte das Gegenüber die Bitte um einen Rat ablehnen, dann ist dies ebenso zu respektieren, wie umgekehrt, dass nicht jeder einen Rat hören möchte, weil er die Herausforderungen lieber allein oder auf seine Weise lösen will.
4.) Verhalten sich Vorgesetzte, Mitarbeiter oder Kollegen unangemessen, dann gilt es bei Bedarf auch rechtliche Schritte zu prüfen.
Tipps zum Lesen
Nöllke, Matthias: Ich will mich aber aufregen! 2014, Schwarzkopf & Schwarzkopf, ISBN: 9783862653928