Rote Karte
„Ich konnte es kaum glauben. Ich kam aus einer von meinem Unternehmen unterstützten Weiterbildung zurück, da erklärte mir mein Chef, dass ich meine Stelle als Abteilungsleiter künftig mit einem Kollegen teilen müsse“, erzählte Reinhard M. zu Beginn des Coachings. Statt weiter die Karriereleiter hinaufzusteigen, wie er es gehofft hatte, bekam der Abteilungsleiter „die rote Karte. Ich hatte das Gefühl, mir wird der Fußboden unter den Füßen weggezogen.“ Zunächst versuchte er, seine Enttäuschung wegzustecken und sich in die neue Rolle einzuleben. „Am Ende musste ich erkennen, dass der Verlust meines beruflichen Ansehens und der vertrauten Arbeitsabläufe mich mehr getroffen hat, als ich es mir ursprünglich eingestehen wollte.“
Im Coaching arbeitete er zunächst daran, was es für ihn bedeutet, nicht mehr die gleiche berufliche Rolle zu haben wie bislang. „Die bislang vertrauten Abläufe waren anders. Verantwortung, die ich bislang getragen hatte, fiel weg und damit auch die Anerkennung für diesen Teil meine Arbeit“.
Beim Umgang mit der unerwarteten Situation halfen ihm im Coaching vor allem seine Erinnerungen an bereits von ihm bewältigte berufliche Übergänge. „Ich hatte schon mehrfach ungeplante und schwierige Situationen gemeistert, das hatte ich nur vergessen. Durch das Coaching habe ich außerdem gelernt, aufzuhören, mir selbst Stress zu machen mit Sätzen wie, ‚ich habe versagt, ich bin gescheitert‘.“
In beruflichen Übergangsphasen und beim Abschied von bislang als selbstverständlich angesehenen Positionen und Aufgaben helfen gute soziale Kontakte zu Familien und Freunden und Gespräche mit Menschen in ähnlicher Situation. Zusätzlich unterstützend kann sich eine Beratung auswirken. Vor allem, wenn es dabei gelingt, die eigenen beruflichen und persönlichen Kompetenzen wahrzunehmen und zu würdigen, statt sich selbst weiterhin als beruflich gescheitert zu betrachten. Im nächsten Schritt kann der Fokus dann darauf liegen, wie die neue Rolle künftig konkret auszufüllen ist. „Ich weiß heute und das ist für mich sehr hilfreich, dass meine Wertschätzung weniger von meiner Rolle im Beruf, als vielmehr von meinem Selbstbild abhängt. Damit ist mir der Übergang vom Abteilungsleiter zum Zweimann-Team ganz gut gelungen. Inzwischen bin ich manchmal sogar froh, in der Abteilung nicht mehr für alles zuständig zu sein. Auch wenn ich die rote Karte seitens des Unternehmens nie ganz vergessen werde.“
Checkliste
1.) Wenn im Beruf Veränderungen anstehen, dann kann es für uns sehr hilfreich sein, wenn wir uns darauf besinnen, welche Kernkompetenzen wir besitzen und welche Stärken wir in den Berufsalltag einbringen. Besonders dann, wenn unser berufliches Ansehen angekratzt oder gar in Frage gestellt wird.
2.) Kernkompetenzen lassen sich im Gespräch mit Familie, Freunden und Kollegen herausarbeiten und in einer berufsbegleitenden Beratung wie einem Coaching.
3.) Für eine gezielte Einordnung verschiedener Fähigkeiten können Skalierungen hilfreich sein. Nutzen wir diese dann noch dazu, für uns heraus zu arbeiten, wo wir Fähigkeiten verstärken und vertiefen können, dann können selbst schmerzhafte berufliche Veränderungen am Ende dazu beitragen, beruflich weiter zu kommen und uns weiter zu entwickeln.
Tipps zum Lesen
Nohl, Martina: Übergangscoaching. Berufliche Veränderungen kompetent und erfolgreich gestalten. 2011, Junfermann Verlag, ISBN: 9783873877948.