Das innere Team

Kennen Sie das? Sie sitzen in einer Teambesprechung. Angeregte Diskussion. Bunte Luftballons mit neuen Ideen fliegen über den Tisch. Voller Begeisterung beginnen Sie Ihren Wortbeitrag, von dem Sie regelrecht beflügelt sind. Und dann geht es los, das innere Geschnattere in Ihrem Kopf. „Was machst Du, wenn Dich jetzt gleich alle auslachen?“ fragt eine erste innere Stimme. „Es sind doch schon genügend Ideen im Raum, sei lieber ruhig, dann machst Du keinen Fehler“, ergänzt eine zweite. Statt sich zu melden, wie Sie es noch vor wenigen Momenten tun wollten, ziehen Sie sich wieder in sich zurück und behalten Ihren kreativen Gedanken lieber für sich.

Diese inneren Stimmen kommen von Ihrem „Inneren Team“. So nannte und nennt der Hamburger Psychologieprofessor Friedemann Schulz von Thun sein Persönlichkeitsmodell. Mit dieser Metapher umschreibt er unser vielfältiges Innenleben. Es sind unsere Ängste, Sorgen, Sehnsüchte, Bedenken, Wünsche und Motivationen, die in uns wirken, die unser tägliches Tun beeinflussen, sich jeweils zu einer bestimmten Situation oder einem konkreten Thema äußern und die sich dabei oft genug widersprechen.

Wir können lernen, unser „Inneres Team“ für uns zu nutzen, wenn wir vor einer Entscheidung stehen, bei der wir nicht weiter kommen. Etwa uns selbst den Wunsch zu erfüllen, endlich den Arbeitsplatz zu wechseln. Mal sind wir dafür, mal zögern wir, mal überzeugen wir uns selbst, dass unsere jetzige Situation doch wunderbar sei. Wir können uns dann an unser Inneres Team wenden und es fragen, wer redet von Euch jetzt in mir und mit mir? Der Bedenkenträger zum Beispiel, der Optimistische oder der Bequeme? Haben wir erst einmal herausgefunden, welcher Persönlichkeitsanteil konkret an unserer Fragestellung mitwirkt, dann können wir uns weiter fragen, welche Motivation hat beispielsweise der Bequeme, dass er lieber am alten Arbeitsplatz bleiben will oder welche Ängste beschäftigen den Bedenkenträger?

Sind wir erst einmal mit unserem „Inneren Team“ vertraut, dann können wir die einzelnen Teammitglieder zu einem ‚round table‘ Gespräch einladen und mit ihnen alle anstehenden Fragen und Aufgaben besprechen und abfragen, was das jeweilige Teammitglied dazu meint. Hat sich das Innere Team ausgetauscht und sich entschieden, bei der konkreten Frage zusammen zu arbeiten, dann werden wir in der nächsten Teamsitzung auch einen bunten, mit kreativen Ideen prall gefüllten Luftballon starten lassen – mit der Chance auf Umsetzung in ein konkretes Projekt oder Produkt.

Checkliste

 

1.) Die Mitglieder unseres Inneren Teams können zum Beispiel sein: der Optimistische, der Feigling, der Selbstzweifler, der Ängstliche, der Mutige, der Unbeherrschte, der Verantwortungsvolle, der Pflichtbewusste, der Kreative, der Verständnisvolle, der Zaudernde, der Wütende.

2.) Wenn wir unser Inneres Team näher kennen lernen, dann lohnt es sich auch zu fragen, weshalb verdrängen wir bestimmte Teammitglieder und weshalb versuchen wir immer wieder, ihnen das Wort beim inneren Dialog zu verbieten und dies meist mit sehr mäßigen Erfolg? Wir können uns dadurch selbst auf die Schliche kommen und herausfinden, wo wir in unserer Selbstwahrnehmung einen sogenannten blinden Fleck haben.

3.) Manchmal verlaufen Sitzungen unseres Inneren Teams in uns chaotisch ab. Alle rufen in unserem Kopf durcheinander. Damit jedes unserer Mitglieder von unserem Inneren Team zu seinem Recht und „zu Wort“ kommt, können wir uns mit Listen helfen, auf denen wir pro und contra oder plus und minus festhalten.

4.) Nutzen wir die Kompetenz und die Vielfalt unseres Inneren Teams, dann können wir viele Alltagssituationen gelassener anpacken und meistern.

Tipps zum Lesen

Kumbier, Dagmar: Das Innere Team in der Psychotherapie, 2013, Klett-Cotta Verlag, ISBN: 9783608891355

Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden, Band 3: „Das Innere Team“, 2013 (22. Auflage) rororo Verlag, ISBN: 9783499605451

Beiträge, die Sie auch interessierten könnten