Meine Schwächen

Angenommen, wir würden uns ab sofort für eine Weile auf unsere Schwächen konzentrieren und sagen, daran möchten wir in nächster Zeit verstärkt arbeiten? Was wäre dann? Was würde sich verändern? Wir kennen unsere Stärken, wir können uns auf sie verlassen und wir wissen, wie wir sie ausbauen und weiterentwickeln.

Wie ist es jedoch mit unseren Schwächen? Wie gehen wir damit um? Etwa mit unserer Aufschieberitis, die dafür sorgt, dass wir immer auf den letzten Drücker unsere Arbeit abliefern und zwischendrin auch schon mal krank werden mussten, weil wir sie wieder nicht rechtzeitig geschafft haben? Oder unserer Neigung, uns eher bedeckt zu halten, wenn es darum geht, dass wir dem intrigierenden Kollegen klar und deutlich sagen, hör auf damit? Oder uns der Herausforderung zu stellen, endlich das Chaos in unserem Büro zu beseitigen, was uns trotz vielfachem und oft vergeblichen Suchen nach wichtigen Unterlagen wenig reizt.

Uns mit unseren eigenen Schwächen zu befassen, ist harte Arbeit. Wir müssen akzeptieren und lernen, dass wir nicht makellos sind. Und dies verbreitet nicht gerade beste Laune. Trainieren und wieder trainieren und noch einmal trainieren, dass wir das unangenehme Gespräch mit dem unzufriedenen Kunden oder dem unzuverlässigen Mitarbeiter möglichst zuerst machen, statt am Schluss eines langen Arbeitstages und es dann aus Zeitmangel wieder einmal verschieben (können) oder es gar vergessen haben, strengt an, erfordert Disziplin und einen kritischen Blick auf uns selbst. Schließlich sind es üblicherweise unsere Stärken, die uns dazu verhelfen, im Beruf erfolgreich zu sein und Karriere zu machen und nicht unsere Schwächen. Sind wir dann noch in der Position der Führungskraft und davon überzeugt, dass, so wie wir die Dinge anpacken, es richtig ist und es daran nichts zu kritisieren gibt, dann haben unsere Defizite oft noch seltener die Chance, von uns bearbeitet zu werden.

Angenommen, wir machen es doch. Wir stellen uns unseren Schwächen und Defiziten. Wir versuchen tatsächlich, etwas an uns zu verändern. Vermutlich würde es längere Zeit gar keiner merken. Schon, weil wir vermutlich ziemlich erfolgreich unsere Schwächen kaschiert haben. Dies ist nicht die beste Motivation, um weiter zu machen. Halten wir durch, dann kann es allerdings passieren, dass wir aus einer Schwäche eine Stärke entwickeln und gleichzeitig Mitarbeiter und Kollegen besser verstehen und sie fordern und fördern können, wenn es ihnen schwer fällt, ihre Defiziten anzuschauen und sie anzugehen.

   

Checkliste

 

1.) Wenn wir unsere Schwächen erkennen, dann können wir uns der Situation, in der sie auftritt, immer wieder aussetzen und uns so trainieren. Fällt es uns zum Beispiel schwer, uns in einem öffentlichen Rahmen zu äußern, dann können wir uns selbst auffordern, uns bei Vorträgen und Diskussionen zu melden, unsere Meinung zu sagen oder eine Frage zu stellen. Und wenn wir durchhalten, dann werden wir allmählich unsere Angst verlieren vor dem Auftritt in der Öffentlichkeit.

 

2.) Je nach Situation ist eine Schwäche eine Stärke und umgekehrt. Perfekt sein zu wollen, bringt uns oft dazu, mehr zu arbeiten und zu leisten als erforderlich. Oder es hilft uns, die Fehler zu sehen, die alle anderen übersehen haben, z. B. bei der Planung eines neuen Projektes.

 

3.) Wenn wir unsere Schwächen angehen möchten, dann ist es hilfreich, wenn wir uns fragen, bei welcher Schwäche es sich lohnt, Zeit und Kraft zu investieren und was konkret geschehen würde, wenn wir uns dazu durchringen, uns einer bestimmten Schwächen zu stellen und welchen Einfluss dies auf unser Privat- oder Berufsleben hätte.

 

4.) Gehen wir dann noch offen mit unseren Schwächen um und stehen dazu, dass wir sie haben, dann wird dies üblicherweise von denjenigen, auf deren Meinung es uns ankommt akzeptiert und führt zu einem noch besseren Miteinander als zuvor.

Tipps zum Lesen

Stahl, Stefanie: Leben kann so einfach sein, 2011, Ellert & Richter, ISBN: 9783831904433

Beiträge, die Sie auch interessierten könnten