Kränkungen

„Das kann er mir doch nicht antun.“ „Was fällt ihr eigentlich ein? Wie geht die denn mit mir um?“ „Warum macht er das? Das kann ich ihm nicht verzeihen.“ „Das ist gemein. Das verletzt mich.“ Solche und ähnliche Gedanken schießen uns durch den Kopf, wenn wir uns von unserem Gegenüber gekränkt und zurückgewiesen fühlen. Manchmal reicht schon aus, dass unser Gruß unerwidert bleibt oder unser Lächeln ohne Resonanz. Meist fühlen wir uns jedoch gekränkt, wenn uns jemand etwas unterstellt, was wir als falsch oder ungerecht empfinden, wenn uns unser Gegenüber als Person in Frage stellt, mit lächelndem Gesicht kleine Giftpfeile auf uns abschießt, uns abschätzig ansieht, uns übersieht oder uns in aller Öffentlichkeit bloß stellt. Wir fühlen uns verletzt und empfinden das Verhalten unseres Gegenübers als entwertend und beleidigend.

Leider werden wir es im beruflichen und privaten Alltag immer wieder erleben müssen, dass wir zurückgewiesen werden und unser Selbstwertgefühl angegriffen wird. Wir können jedoch versuchen zu lernen, mit den unausweichlichen Kränkungen so umzugehen, dass sie uns nicht zerstören. Manchmal ist hierbei ein Perspektivenwechsel hilfreich: Wir können uns zum Beispiel die Frage stellen, hat das Verhalten der anderen, z. B., ihre respektlose Kritik, etwas mit uns zu tun? Oder sind es Menschen, die versuchen, uns zu kränken, weil sie selbst eine sehr geringe Selbstüberzeugung haben? Und damit sie dies nicht vor sich selbst zugeben müssen, glauben sie, uns besserwisserisch sagen zu können, wie wir in bestimmten Situationen reagieren und handeln müssen.

Kränkungen lassen sich auch dazu nutzen, einmal genauer bei uns hinzuschauen, so schwer uns das meistens fällt. Womöglich fühlen wir uns missverstanden, weil unser eigenes Selbstwertgefühl nicht besonders groß ist. Menschen mit einer stabilen Selbstsicherheit lassen sich seltener kränken, als Menschen mit geringem Selbstvertrauen. Das zufällige Gähnen ihres Gegenübers interpretieren sie nicht als Desinteresse an ihrer Person, sondern denken, der andere ist müde, aus welchen Gründen auch immer. Und ein „ich habe keine Zeit“ ist für sie keine Ablehnung ihrer Person, sondern heißt für sie, beim anderen einen passenderen Zeitpunkt abzuwarten für ihr Anliegen.

Dennoch, unsere Kritik am anderen sollten wir möglichst so achtsam und wertschätzend vermitteln, dass wir unser Gegenüber nicht unnötig verletzen und ihn insbesondere nicht öffentlich anprangern.

 

Checkliste

 

1.) Werden wir gekränkt, dann ziehen wir uns von unserem Gegenüber zurück, bestrafen ihn mit Ablehnung oder Verachtung, sinnen nach Vergeltung und rächen uns am Ende an ihm. Oder wir bedauern uns selbst zutiefst und verharren in der Rolle des Opfers.

2.) Schwerer und anstrengender ist es, Kränkungen als Chance zu nutzen, genauer bei uns selbst hinzuschauen. Möglicherweise wollte unser Gegenüber uns gar nicht zurückweisen, sondern hat mit seinem Verhalten einen empfindlichen Punkt in unserer Persönlichkeit getroffen, an dem wir jetzt arbeiten können.

3.) Verhält sich unser Gegenüber respektlos und abwertend, dann können wir versuchen, ihm Grenzen zu setzen. Z. B., in dem wir ihn fragen, was er konkret mit seiner Aussage meint oder was er uns mit seinem Verhalten und seinem Tun sagen möchte.

4.) Wir können uns auch innerlich dem anderen gegenüber abgrenzen und uns klar machen, dass seine verletzenden Äußerungen nichts mit uns zu tun haben, sondern das sie Ausdruck für sein persönliches Gefühl sind, unzureichend und unvollständig zu sein.

Tipps zum Lesen

Wardetzki, Bärbel, Kränkung am Arbeitsplatz: Strategien gegen Missachtung, Gerede und Mobbing, 2012, Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN: 9783423347105

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