Hilfe, ich muss Duzen!

Wie gehe ich damit um, wenn mir mein Chef das Du anbietet und mir dies eher befremdlich vorkommt? Was mache ich, wenn sich alle in meinem neuen Unternehmen duzen, und ich bislang kein Freund davon bin, andererseits aber auch nicht als langweilig oder steif gelten will?

Die Wahl eines „Du“ oder eines „Sie“ kann im Privaten wie im Beruf oft genug eine falsche sein. Nur, welche ist die richtige? Keine eindeutig zu beantwortende Frage. Ein paar Tipps und Spielregeln mögen jedoch hilfreich sein: Für mich als neuen Kollegen, als neue Kollegin in einem Unternehmen empfiehlt sich erst einmal ein höfliches „Sie“. Außer, das Unternehmen hat weltweit das „Du“ zur Unternehmensphilosophie erklärt, wie es ein großes schwedisches Möbelhaus vorlebt. Mit einem zuvorkommenden „Sie“ bleibt die Distanz größer zwischen Kolleginnen und Kollegen oder Chef und Mitarbeiter. Ein „Sie“ verhindert außerdem fast immer unerwünschte Vertraulichkeiten, kann jedoch auf lange Sicht auch distanziert daher kommen, wenn alle sich duzen und nur ich sieze.

In einem Kundengespräch ist ein seriös wirkendes „Sie“ zwischen einem Chef und seinem Mitarbeiter auf alle Fälle vorteilhaft. Im vertrauten Zweiergespräch oder im internen Umgang miteinander kann dann das kumpelhafte „Du“ gerne wieder gepflegt werden.

Ein vertrauliches „Du“ unter Kolleginnen und Kollegen und mit dem Chef hat Vorzüge, wenn Führungsebene und Mitarbeiter problemlos zusammen arbeiten und Konflikte gemeinsam und ohne große Reibungsverluste lösen. Das freundschaftliche „Du“ hilft zudem noch, neue Kolleginnen und Kollegen rasch und mühelos zu integrieren. Eher schwierig kann es dagegen für eine duzende Führungskraft sein, wenn er einem Mitarbeiter, einer Mitarbeiterin kündigen muss, ihm oder ihr den gewünschten Karrieresprung zu verweigern hat oder bei tiefgreifenden Konflikten im Team, die zu Zerreißproben werden. So mancher Chef, so manche Chefin träumt jetzt davon, er oder sie wäre lieber beim weniger partnerschaftlich klingenden „Sie“ geblieben.

Auch nicht gerade einfach ist die Situation, wenn der Chef seinen Mitarbeiter duzen möchte und dieser sich damit nicht wohlfühlt. Vielleicht hilft der weiteren guten Zusammenarbeit ein Kompromiss, den inzwischen viele Unternehmen wählen: der private Vorname mit dem höflichen Sie.

Immer noch gültig beim „Du“ und beim „Sie“ ist: Der Ältere bietet dem Jüngeren das „Du“ an und die Führungskraft ihrem Mitarbeiter. Ansonsten hilft beim Entscheiden zwischen „Du“ und bei „Sie“ das berühmte Fingerspitzengefühl und etwas Zurückhaltung vor dem zu schnellen „Du“.

 

Checkliste

 

1.) Das Duzen und Siezen in Unternehmen hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Galt früher das „Sie“ als selbstverständlich im Beruf, mögen vor allem jüngere und gleichaltrige Mitarbeiter heute das „Du“.

 

2.) Produzierende Betriebe sind generell eher beim „Du“, Verwaltungen und Dienstleister mit Kundenkontakt eher beim „Sie“.

 

3.) Steigt ein Mitarbeiter aus der Gruppe sich untereinander duzender Kolleginnen und Kollegen auf und wird ihre Führungskraft, dann ist ein plötzliches „Sie“ eher befremdlich. Fingerspitzengefühl und klare Ansagen führen hier zur nötigen Distanz zwischen Führungskraft und Mitarbeitern.

 

4.) Haben wir ein „Du“ zu voreilig angeboten und fühlen uns von unserem Kollegen, unserer Kollegin ausgenutzt oder gemobbt, dann kann es manchmal hilfreich sein, wieder zum distanziert-höflichen „Sie“ zurückzukehren, auch nach Jahren des gemeinsamen Duzens. Zuvor sollte der Konflikt offen angesprochen und auf den Tisch gepackt worden sein.

 

5.) Und was tun, wenn sich die Kollegin im gemeinsamen Büro unbedingt das vertrauliche „Du“ wünscht, und wir nicht den Mut haben, es ihr zu verweigern? Dann gilt es, auf andere Art und Weise für die notwendige Distanz zwischen uns zu sorgen.

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