Ausgebrannt, müde, ausgelaugt

Kamen bis vor ein paar Jahren vor allem Lehrer und Manager in die Beratung von Therapeuten und Coaches, sind es heute überraschend viele Ärzte, sowie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Pflegeberufe und der sozialen Dienste. Die meisten von ihnen hatten ihren Traumberuf aus Leidenschaft auswählt, aus Freude Menschen zu helfen. Anders als früher, als niedergelassene Ärzte und Krankenhausmediziner weitgehend selbstbestimmt arbeiten konnten und Krankenschwester und Pfleger mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen gefragt waren, dominieren heute aufwendige und oft nutzlos erscheinende Verwaltungsaufgaben und Vorschriften den Alltag der ärztlichen und pflegerischen Berufe. Kommt dann noch das Fehlen von Wertschätzung hinzu, das sich beispielsweise in einer unzureichenden Bezahlung oder in einer geringeren gesellschaftlicher Anerkennung ausdrückt, geht die Freude am Beruf bei vielen immer mehr und immer rascher verloren, und das Gefühl, sich innerlich ausgebrannt, müde und ausgelaugt, sich gestresst zu fühlen, wächst.

Leider haben sich viele Unternehmen und dazu gehören auch die Krankenhausträger bislang oft zu wenig um die berufsbedingte Überforderung und damit verbunden die Zunahme psychischer Erkrankungen ihrer Mitarbeiter gekümmert, mit den genannten Konsequenzen. Aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fragen sich immer häufiger, welche Notbremse sie rechtzeitig ziehen und welche Faktoren sie aktiv beeinflussen können, um sich vor zu viel beruflichen Stress schützen: Zunächst ist es sinnvoll, eine Bestandsaufnahme darüber zu machen, welche ihrer Aufgaben sie delegieren oder ganz abgeben können und möchten. Ein weiterer wichtiger Schritt ist es, sich zu fragen, weshalb es einem so schwer fällt nein zu sagen zur noch mehr Arbeit, obwohl schon längst die Freude am Tun vergangen ist. Nein-Sagen gegenüber Kolleginnen und Kollegen und Vorgesetzten ist allerdings alles andere als leicht. Gerade das Nein-Sagen und das Delegieren von Tätigkeiten an kompetente Kolleginnen und Kollegen können jedoch so manchen Stressfaktor entschärfen.

Der nächste Blick gilt dem privaten Umfeld. Sind die Beziehungen gut, privat und zu den Kollegen? Gehören Freizeitaktivitäten, wie Lesen, Radfahren, Kochen, einfach mal ausruhen oder Sport zu unserem privaten Alltag? Gibt es in der freien Zeit Dinge, die wir beeinflussen und die wir bestimmen? Können wir auch in unserem Beruf das unsrige dazu tun, möglichst oft selbstbestimmt tätig zu sein?

Ein Leben ohne Stress ist nicht möglich, ein gutes Stressmanagement dagegen schon. Privat wie im Beruf.

Checkliste

 

1.) Fühlen wir uns permanent erledigt und erschöpft und das im Beruf und im Privaten, dann gilt es, genauer hinzuschauen und uns und unsere berufliche Situation zu hinterfragen. Entweder mit Freunden, mit der Familie oder mit professioneller Begleitung durch einen Therapeuten oder einen Coach.

 

2.) Schutzmauern gegen übermäßigen beruflichen Stress sind Anerkennung und Belohnung und respektvoller Umgang miteinander. Gegen Stress kann auch körperliche Bewegung helfen, die Fähigkeit, sich selbst realistisch einzuschätzen in den eigenen Stärken und Schwächen und gute private Beziehungen.

 

3.) Unterschätzt als Anti-Stress-Strategien werden häufig die kleinen, immer wiederkehrenden Wohlbefindlichkeiten, wie beispielsweise regelmäßig für sich selbst kochen, abends ein paar Seiten lesen, sich täglich für Momente in sich zurück ziehen bei einer Meditation oder einem Gebet.

 

4.) Hilfreich ist es auch, in stressigen Situationen achtsam mit sich umzugehen. Hier hilft manchmal einfach tief Luft zu holen oder eine kleine Entspannungsübung zu machen, die wir vorher trainiert haben.

 

5.) Wir können auch versuchen, die stressauslösende Situation aus einer anderen Perspektive zu sehen und uns daran zu erinnern, wie wir schon einmal eine schwierige Herausforderung erfolgreich gemeistert haben. Hilfreich kann hierbei sein, die Stresssituation und ihre Auflösung aufzuschreiben oder uns von einem Coach oder Therapeuten begleiten zu lassen oder mit uns gezielte Selbstgespräche zu führen.

 

6.) Hat der Stress zu einem Burnout oder einer Depression geführt, ist ärztliche Hilfe gefragt.

Tipps zum Lesen

Unger, Hans-Peter, Kleinschmidt, Carola, Bevor der Job krank macht, 2006, Kösel Verlag, ISBN: 9783466307333

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