Angst vor Konflikten im Beruf

„Ich bin ein guter Vertriebler, ein Konfliktmanager leider nicht. Das möchte ich ändern.“ Seit zwei Jahren leitet Carsten F. die Vertriebsabteilung in einem mittelständischen Industrieunternehmen. Der junge Mann hat schnell Karriere gemacht, nicht zuletzt dank seiner Fähigkeit, die Wünsche der Kunden rasch und zufriedenstellenden zu erfüllen. „Ich kann gut mit Menschen, wenn wir beide das gleiche Ziel haben. Problematisch ist es für mich, unpopuläre Entscheidungen zu treffen, Auseinandersetzungen zu klären und Konflikte, die unterschwellig ablaufen, aufzudecken und auf den Tisch zu packen. Ich habe Angst davor, dass ich dann plötzlich allein da stehe auf weiter Flur und meine Mitarbeiter mich meiden.“

Wie Carsten F. geht es vielen Führungskräften. Aus Furcht vor der Isolation im Unternehmen oder weil sie mit den teilweise heftigen Emotionen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Konfliktfall nicht umgehen können, vermeiden sie es lieber, anstehende Konflikte aktiv anzugehen und zu lösen. Sie versuchen stattdessen, sie auszusitzen. In der Hoffnung, sie werden sich eines Tages von selbst erledigen. Manchmal führt dies auch zum Erfolg. Oft bewirken allerdings unausgesprochene Spannungen, dass Mitarbeiter gegeneinander statt miteinander arbeiten, innerlich kündigen oder die nächste Chance für einen Arbeitsplatzwechsel nutzen. „Das haben die beiden besten Leute meiner Abteilung gemacht. Das will sich das Unternehmen nicht länger leisten.“ Für Carsten F. war es der schwierigste Schritt, seine Erwartung aufzugeben, dass ihn seine Mitarbeiter „lieben sollen“, wie er sagte. „Es fiel mir schwer zu akzeptieren, dass ich einerseits zwar Teil des Teams bin und sein möchte, am Ende jedoch immer derjenige bin, der z. B. einen Mitarbeiter enttäuschen muss, wenn sich sein Traum von einer besseren Position nicht erfüllen lässt, weil ein eine Kollegin die Stelle besser ausfüllen kann als er oder wenn ich ihm kündigen muss.“

Carsten F. half am Ende am meisten die Erkenntnis und dann die Erfahrung, dass Konflikte nicht nur Risiken, sondern auch Chancen in sich bergen, wenn sie angepackt und fair ausgetragen werden. Offen angesprochene Konflikte und ein gutes Konfliktmanagement, das hat er inzwischen für erlebt, können dazu führen, dass alle Konfliktpartner am Tisch dazu bereit sind, nach Lösungen zu suchen, aus denen manchmal sogar neue und unerwartete Ideen entstehen. „Ich werde nie ein Liebhaber von Konflikten werden, jetzt lösen sie zumindest keine Angst mehr bei mir aus.“

 

Checkliste

 

1.) In jedem Unternehmen, jeder Behörde, jeder Institution gibt es Spannungen unter den Kollegen und zwischen Mitarbeitern und Führungskräften. Schwierig wird es, wenn Führungskräfte Angst vor einem Konfliktmanagement haben und unbearbeitete Konflikte allmählich das Betriebsklima zerstören. Dies kann dazu führen, dass ein Unternehmen weit weniger erfolgreich ist, als es aufgrund seines Angebotes oder seiner Produkte sein könnte.

 

2.) Ein gutes Konfliktmanagement fängt beim Konfliktmanager, in der Regel der Führungskraft an. Ihre Rolle ist es, im Konfliktfall die unterschiedlichen Meinungen und Einschätzungen der einzelnen Mitarbeiter anzuhören und zu erkennen, wer und weshalb jemand an einem Konflikt beteiligt ist und den möglicherweise sich daran anschließenden Teamprozess zu steuern.

 

3.) Die nächsten Schritte befassen sich mit den Ursachen des Konflikts, dem Erforschen der subjektiven Sichtweisen der Konfliktpartner, den Angeboten für das Aufheben der Ursachen und dem Entwickeln neuer Lösungen.

 

4.) Gibt es keine Lösung, weil sich die Konfliktparteien nicht darauf einlassen möchten, kann es manchmal dennoch zielführend sein, jede Konfliktpartei darum zu bitten, sich eine der vom Konfliktgegner aufgestellten Forderung auszusuchen und diese bis zu einem bestimmten Zeitpunkt umzusetzen. Danach setzen sich beide Konfliktparteien wieder an einen Tisch und prüfen, ob jetzt Lösungen möglich sind.

 

5.) Bei schwierigen Konflikten kann eine Führungskraft manchmal überfordert sein beim Konfliktmanagement. Dann ist es hilfreich, die Suche nach einer Konfliktlösung an einen Dritten, zum Beispiel einen Mediator abzugeben.

Tipps zum Lesen

Fehlau, Eberhard G., Konflikte im Beruf: Erkennen, lösen, vorbeugen, 2009, Haufe-Lexware Verlag, ISBN: 9783448100440

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