… aus allen Wolken fallen

Peter S. fiel aus allen Wolken, als ihm sein Chef mitteilte, er wolle ihn innerhalb des Unternehmens versetzen lassen, weil er einfach nicht mehr mit ihm arbeiten könne. „Er meint, er habe mir versucht deutlich zu machen, dass er meine ‚selbstherrliche Art‘ wie er es nannte, in unserer medizintechnischen Abteilung nicht wünscht. Ich habe immer gedacht, er mache mir ein Kompliment, wenn er mir sagte, ich wisse ja immer sofort, wo es lang ginge.“ Dem gelernten Medizintechniker fiel es zunächst schwer anzunehmen, dass sein Chef zu den Führungskräften gehört, die sich davor scheuen, ihre Mitarbeiter zu kritisieren und lieber die Dinge laufen lassen, auch wenn sie mit ihren Mitarbeitern unzufrieden sind. „Wenn ich früher gewusst hätte, was er von mir möchte und wie er mich einschätzt, hätte ich zumindest versucht, mich seiner Kritik zu stellen.“ Peter S. empfindet es als bitter, dass er deshalb sein von ihm beherrschtes Arbeitsgebiet, der Überprüfung von neuen medizinischen Geräten vor ihrem ersten Einsatz, aufgeben muss.

Im Laufe des Coachings erkannte er, dass er schon seit längerem geahnt hatte, wie unzufrieden sein Chef über seinen Umgang mit den Kollegen und Vorgesetzten war. Weil er sich selbst als unentbehrlich und als besonders kompetent eingeschätzt hat, hatte er es jedoch lieber vermieden, die unklaren Aussagen seines Chefs zu hinterfragen und mit ihm gemeinsam klar zu stellen, was sein Chef wirklich gemeint hatte.

Das Coaching nutzte Peter S., um seine Stärken und Schwächen besser kennen zu lernen. „Dabei wollte ich zunächst nicht akzeptieren, dass seine Kritik an meinem selbstherrlichen Auftreten und wenig offenen Verhalten meinen Kollegen gegenüber berechtigt war. Ich hätte mir allerdings gewünscht, er hätte sie früher und klarer vorgetragen und nicht so verklausuliert. Und bei mir bedauere ich, dass ich nicht ehrlicher zu mir selbst gewesen bin und einmal richtig bei mir hingeschaut habe.“

Inzwischen hört Peter S. seinem neuen Abteilungsleiter genau zu. Kann er dessen Aussagen zu seiner Arbeit nicht einordnen, bittet er ihn, nachdem er sich erst einmal Zeit zum Nachdenken genommen hat, nach zwei bis drei Tagen um ein Gespräch unter vier Augen. Außerdem besprechen sein Vorgesetzter und Peter S. regelmäßig, wo und wie der Medizintechniker sich noch verbessern kann. „Für mich ist das kein leichter Weg gewesen. Heute bin ich froh, dass ich die Chance bekommen habe, genauer bei mir hinzuschauen. Meine Familie freut sich, dass ich besser zuhören kann und weniger selbstherrlich daher komme.“

   

Checkliste

 

1.) Nicht immer trauen sich Vorgesetzte, ihre Mitarbeiter zu kritisieren und mit ihnen anschließend ein konstruktives und für beide Seiten weiterführendes Gespräch über die angesprochenen Punkte führen. Sie verstecken ihre Hinweise lieber hinter Andeutungen, die oft missverständlich sind. Wenn Sie unsicher sind, was Ihr Chef wirklich gemeint hat mit seiner Aussage, kann es sich lohnen, ihn um ein Gespräch unter vier Augen zu bitten und bei ihm genauer nachzufragen.

2.) Ist seine vorgetragene Kritik berechtigt, dann sind Ihre Ausreden und Ausflüchte wenig hilfreich. Besser ist es dann, erst einmal tief durch zu atmen und dann zu antworten und möglicherweise um Rat zu bitten, was Sie konkret ändern sollen und wie.

3.) Bei unberechtigter Kritik sammeln Sie bitte Beweise dagegen, tragen sie schriftlich zusammen und stellen dann Ihrem Chef in Ruhe die eigene Sicht der Dinge unter vier Augen vor.

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