Ich ärgere mich

Schon im Vorgespräch am Telefon kommt mir der ganze Frust meiner Klientin Claudia B. entgegen. Die gelernte Kauffrau, die in einem großen Transportunternehmen arbeitet, wünscht sich ein Coaching gegen den täglichen Ärger in ihrem Beruf. „Meine Arbeit macht mir Spaß. Ich ärgere mich nur zu oft über zu viele Dinge. Und dann fehlen mir die Zeit und die Kraft, alle anfallenden Arbeiten rechtzeitig zu erledigen. Abends bekommt dann meine Familie meine Unzufriedenheit zu spüren. Das möchte ich nicht mehr.“ In der Beratung arbeiten wir zunächst heraus, was sie täglich so verdrießt. Neben einer cholerischen Chefin, die ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gerne mal ins Wort fällt und häufig sehr laut wird, sind es zur Überraschung von Claudia B. vor allem ihre Erwartungen an sie selbst, die sie immer wieder frustrieren. Da sie mit ihrer Chefin die meiste Zeit ganz gut zurecht kommt und die Abteilung nicht wechseln will, vereinbart sie mit ihren Kolleginnen und Kollegen, die temperamentvollen Ausbrüche ihrer Chefin künftig untereinander nicht mehr zu diskutieren und zu kommentieren. „Wir haben uns zu oft damit beschäftigt und dadurch dem Ganzen zu viel Bedeutung beigemessen.“

Eine Herausforderung für Claudia B. war es, sich mit ihren Erwartungen an sich selbst zu befassen. „Ich wusste gar nicht, dass meine hohen Ansprüche mich daran zu hindern, meine Arbeit so zu machen, wie ich es mir vorstelle.“ Schritt für Schritt änderte sie im Laufe der Beratung ihre tägliche Arbeitsweise. Morgens verschafft sie sich jetzt zunächst einen Überblick über die anstehende Arbeit und prüft am Abend nach, was sie erreicht hat. „Seither habe ich ein deutlich besseres Gefühl für die Dauer eines Arbeitsschrittes und plane von vorneherein genügend Zeit für die einzelnen Aufgaben ein. Habe ich mehrere Termine an einem Tag, halte ich mir dazwischen genügend Zeit frei, um dringende Arbeiten dennoch zeitnah erledigen zu können.“ Damit gelang es ihr, ihr Angst, zu viele Aufgaben bearbeiten zu müssen und nichts perfekt machen zu können, weitgehend abzubauen. Außerdem begann sie, sich konkrete Ziele für ihre Arbeit zu setzen und sich in ihrem Beruf gezielt weiter zu entwickeln. „Vor allem das Aufteilen meiner Projektziele in konkrete Teilziele hat mir geholfen, meine Arbeit besser zu strukturieren. Jetzt frustriere ich mich selbst viel seltener.“ Erreicht es ihr ein gesetztes Ziel nicht, schaut sie voller Stolz auf die bereits geschafften. Denn, so sagt sie, „Ziele zu haben, ist für mich wichtig. Noch wichtiger ist es für mich, zufrieden zu sein und mich nicht über mich zu ärgern.“

   

Checkliste

1.) Gegen Ärger im Beruf gibt es keine generelle Abhilfe. Wenn der Ärger im Beruf zu groß ist, dann können körperliche Bewegung, Entspannungstechniken oder eine in Ruhe genossene Tasse Kaffee oder Tee dazu beitragen, sich weniger frustriert zu fühlen.

 

2.) Besonders bei akutem Ärger kann es hilfreich sein, anstatt sofort verärgert zu reagieren, erst einmal aus der Situation heraus zu gehen und sei es einer kurzen, unauffälligen Pause im Gespräch oder mit Hilfe mehrere tiefer Atemzüge.

 

3.) Hält der berufliche Stress länger an und verursacht sogar körperliche Beschwerden wie etwa Herzklopfen, dann gilt es spätestens jetzt, sich mit den Ursachen zu befassen und den Ärger gezielt abzubauen. Etwa durch ein Coaching oder mit Hilfe einer Therapie.

 

4.) Sollen Freunde oder Familienmitglieder um Hilfe bei beruflichem Ärger gebeten werden, dann sollten die Gespräche so gestaltet sein, dass das Gegenüber zeitlich begrenzt mit dem Problem beansprucht und nicht als seelischer Abfalleimer benutzt wird. Häufiges Lamentieren kann Freundschaften und Partnerschaften belasten und manchmal sogar zerstören.

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