Wehmut

„Mir sind die letzten Jahre unter den Händen zerronnen. Ich wollte doch so viel erreichen. Im Moment habe ich eher den Eindruck, ich habe das für mich Wesentliche immer vor mir hergeschoben.“ Etwas wehmütig schaut mich mein Klient Klaus B. an. Der gelernte Maler, der sich zum Betriebswirt des Handwerks weitergebildet hat und heute im Finanzbereich eines großen Malerbetriebs arbeitet, kam mit dem Wunsch in die Beratung, herauszufinden, weshalb er in seinen Augen so bequem war und viele Gelegenheiten in seinem beruflichen Lebens an sich vorüberziehen ließ, anstatt sie zu ergreifen. „Im Moment habe ich den Eindruck, alles was ich denken kann ist, hätte ich doch, hätte ich doch nicht… . Ich habe Sehnsucht danach künftig ab und an sagen zu können, ich habe, ich habe nicht.“

Nachdem er seine Wehmut über von ihm nicht ergriffene Möglichkeiten für sich angenommen und akzeptiert hatte, begann Klaus B. allmählich für sich zu erarbeiten, dass er verpasste Chancen nicht zurückholen kann. Etwa seinen Traum, fliegen zu lernen und als Pilot zu arbeiten. „Immer, wenn ich wieder davon träumte, kam etwas dazwischen, die Kinder, das Haus, eine neue Stelle, die besser schien als die vorangegangene.“ Mit kleinen, zögerlichen Schritten verabschiedete er sich in der Beratung vom „Piloten“ und begann vorsichtig bei sich hinzuschauen, weshalb er sich hinter seinen Sehnsüchten versteckt hatte und was ihn immer wieder davon abgehalten hatte, sich seinen Lebenstraum zu erfüllen. Hinter der scheinbaren Bequemlichkeit verbarg sich für ihn die Angst vor dem Unbekannten, vor einer ihm unsicher erscheinenden Situation. „Ich glaube, ich wusste gar nicht, wer ich bin und was ich kann. Den Beruf des Malers kannte ich, mein Vater hat ihn auch schon ausgeübt und das sehr gern. Ich habe mich nicht getraut, etwas ganz anderes zu machen.“

Heute kennt er sich besser. Er weiß, dass er nie mutig genug dazu sein wird, sich selbständig zu machen und einen Handwerksbetrieb zu leiten. Dafür hat er für sich entdeckt, dass die Sehnsucht nach Freiheit, die er mit dem Pilotenberuf verband, er in seinem heutigen Beruf darin findet, dass er an der Bildungsakademie der Handwerkskammer junge Menschen unterrichtet und mit Phantasie den Unterricht vorbereitet und durchführt. Künftig will er versuchen, seine nebenberufliche Tätigkeit als Dozent noch weiter auszubauen. Eine gute Perspektive für das neue Jahr, fand er; eine die ihn zufrieden macht.

 

Checkliste

Die Checkliste verweist auf Fragen und Erfahrungen aus der täglichen Coaching-Praxis.

1.) Als junge Menschen haben wir Träume und plötzlich schauen wir auf 10, 15, 20 Jahre Berufsleben zurück und fragen uns irritiert „Ist das alles? Was es das, was wir uns gewünscht haben?“ Wir hatten uns doch etwas anderes erträumt für unser Leben und müssen jetzt voller Wehmut feststellen, dass wir uns unsere Träume nicht mehr erfüllen können, dass sie inzwischen für uns unerreichbar sind.

2.) Gelingt es uns, uns von unseren inzwischen unerreichbaren Lebensträumen zu verabschieden, ohne dass wir uns daraus Vorwürfe machen und uns für minderwertig ansehen, dann kann unser nüchterner Blick auf unsere heutige Situation helfen, neue Wege für uns zu entdecken, die uns langfristig befriedigen und unsere unerfüllbaren Sehnsüchte helfen zu heilen.

3.) Damit dies gelingt, ist es hilfreich, sich mit Hilfe eines Coaches, eines Beraters oder eines Therapeuten näher kennen und die eigenen Potentiale und Fähigkeiten entdecken zu lernen.

 

Tipps zum Lesen

Immer, wenn es für uns möglich ist, wählen wir für Sie aus der sehr umfangreichen Literatur zu Beruf und Karriere einige Bücher aus, die unsere ganz subjektiven Empfehlungen für Sie sind:

Sher, Barbara, Wishcraft, Lebensträume und Berufsziele entdecken und verwirklichen, Edition Schwarzer, 2004, ISBN: 9783980920407

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