Ich bin perfekt
Gehören Sie zu den Menschen, die davon träumen, perfekt zu sein? Sie wünschen sich, eine vollkommene Abteilungsleiterin zu sein, ein herausragender Handwerker, untadelig und ohne Fehler? Vergleichen Sie sich häufig mit anderen und stellen immer wieder für sich fest, dass Sie besser sein möchten als der Kollege oder die Kollegin, idealerweise am besten von allen? Treiben Sie sich innerlich dazu an, mustergültig zu sein, in der Hoffnung, von Ihrem Gegenüber wahrgenommen und akzeptiert zu werden?
Viele von uns sehnen sich danach, perfekt zu sein. Manchmal Jahrzehnte lang. Wir kämpfen fortwährend darum, anerkannt zu werden, gemocht, geschätzt zu werden – im Beruf wie im Privatleben. Wir haben die innere Überzeugung, dass wir perfekt sein müssen, damit uns die anderen respektieren und lieben. Wenn wir tadellos arbeiten und funktionieren, dann gewinnen wir die Anerkennung unseres Chefs, die Liebe unseres Partners, den Beifall unserer Kollegen und Kolleginnen,
Oft werden im Laufe der Zeit unsere Ansprüche an uns selbst immer höher und an unser Gegenüber ebenfalls. Immer häufiger müssen wir uns beweisen, dass wir perfekt sind. Immer seltener trauen wir dem anderen zu, gut zu arbeiten und die geforderte Tätigkeit zufriedenstellend auszuführen. Am Ende glauben wir, nur wir schaffen es noch, die Arbeit richtig zu erledigen. In unseren Perfektionismus-Augen ist kein anderer mehr fähig, die gestellten Aufgaben befriedigend abzuarbeiten, außer wir selbst. Oft genug entgeht uns dabei, dass wir bei unserem Eifer perfekt sein zu wollen, länger und länger für die einzelnen Arbeitsschritte brauchen. Wir arbeiten mehr und mehr, und leiden darunter, weil uns die Zeit fehlt für uns, unsere Familie, unsere Freunde, unsere Kolleginnen und Kollegen. Wir übersehen in unserem Streben nach Perfektionismus, dass wir uns selbst daran hindern, unsere Begabungen und Ressourcen auszuleben, Neues zu wagen und Entscheidungen zu treffen. Aus der Angst heraus, wir könnten einen Fehler machen. Die Vorstellung, nicht fehlerfrei zu sein, lähmt uns und hindert uns am uns Weiterentwickeln. Am Ende fühlen wir uns ausgebrannt und von allem überfordert.
Ist Perfektionismus also schlecht? Ja, immer dann, wenn er uns seelisch und körperlich krank macht. Positiv ist er, wenn wir es lernen, unseren Perfektionismus zu übersetzen in Zielstrebigkeit und Engagement in unserem Tun und in Gelassenheit, wenn der Erfolg einmal ausbleibt.
Checkliste
Die Checkliste verweist auf Fragen und Erfahrungen aus der täglichen Coaching-Praxis.
1.) Hinter der Sehnsucht, perfekt sein zu wollen, steckt häufig die Angst, wenn ich nicht perfekt bin, breche ich zusammen, dann kann ich nicht überleben, ich existiere dann nicht. Deshalb fällt es oft sehr schwer, den Drang nach Perfektionismus zu ersetzen durch mehr Gelassenheit sich selbst und anderen gegenüber.
2.) Weniger perfekt und damit langfristig glücklicher zu sein, kann gelingen, wenn wir zunächst lernen uns so anzunehmen wie wir sind. In unserer ganzen Unperfektheit.
3.) Und wenn wir es dann noch schaffen, uns davon zu verabschieden, dass wir sowieso alles besser machen als die anderen, dann werden wir erleben, dass die anderen neugierig werden auf uns als den gelasseneren Kollegen, den großzügigeren Chef, den entscheidungsbereiteren Mitarbeiter.
4.) Es ist alles andere als einfach, den eigenen Perfektionismus aufzugeben, vor allem, wenn Sie ihn seit Ihrer Kindheit eingeübt und perfektioniert haben. Gehen Sie behutsam mit sich um, wenn Sie den Schritt wagen möchten. Sagen Sie sich bei Ihren inneren Dialogen immer wieder: ich gebe mein Bestes und das genügt mir und anderen.
Tipps zum Lesen
Immer, wenn es für uns möglich ist, wählen wir für Sie aus der sehr umfangreichen Literatur zu Beruf und Karriere einige Bücher aus, die unsere ganz subjektiven Empfehlungen für Sie sind:
Filker, Claudia, 101/2 gute Gründe … lieber locker zu bleiben
2009, Brunnen Verlag, ISBN: 9783765540530