Verzeihung bitte

„Das verzeihe ich dem nie!“ Wie oft haben wir diesen Satz gedacht oder heimlich laut gesagt, wenn wir uns wieder einmal über unseren ungerechten Chef geärgert haben. Wie viele Male haben wir Wut und Verbitterung gefühlt, wenn unsere Kolleginnen und Kollegen in Besprechungen ihre Verdienste in den Mittelpunkt gestellt haben und uns kein Raum blieb – oder der Mut fehlte -, das gleiche zu tun. Erbost gehen wir abends nach der Arbeit nach Hause, bringen unseren Frust in unsere Beziehungen und Familien und vergessen dabei, dass wir mit den nachtragenden Gedanken vor allem eines schaffen, uns selbst zu schaden. Stundenlang können wir uns damit beschäftigen, was der andere sich wieder erlaubt hat und wie wir uns für die Verletzungen und Enttäuschungen revanchieren können. Gedanken, die uns nicht gut tun, die uns innerlich zerfressen. Wir glauben, wir bestrafen den anderen, wenn wir ihm grollen. Dabei verletzen wir in erster Linie uns selbst. Gedanken wie diese mögen ja für den Augenblick stimmen: „Sicher, der Chef war heute wieder mehr als unfair. Sein Verhalten uns Kolleginnen und Kollegen gegenüber ist nicht akzeptabel.“ Nur, was machen wir gegen die Kränkungen und Verletzungen, wenn wir mehr tun möchten, als das erlittene Unrecht immer wieder hervorzuholen und uns gebetsmühlenartig darüber zu beklagen? Wir können uns zunächst dafür entscheiden, dass wir unsere Gedanken nicht länger vom falschen Tun des Anderen beeinflussen lassen. Damit stimmen wir dem Verhalten des anderen nicht zu. Es bleibt weiterhin unqualifiziert und unangenehm. Wir akzeptieren jedoch, dass der Andere sich uns gegenüber so verhalten hat. Das Akzeptieren hilft uns dabei, unseren Ärger und unsere Enttäuschung darüber zu überwinden. Je nach Situation und der Schwere der Schuld des anderen kann es uns im Laufe der Zeit sogar gelingen, dem anderen zu verzeihen. Dieses Verzeihen kann uns von unserem Groll und unserer Wut befreien, es kann dazu beitragen, dass wir emotional von dem Tun des anderen Abstand gewinnen, und es kann uns darin unterstützen, unseren Blick wieder nach vorn zu richten, statt wütend zurück zu schauen. Ohne, dass wir mit dem Verzeihen dem anderen damit einen Freibrief für sein Tun ausstellen und ihn einladen, dies zu wiederholen. Jemandem anderen verzeihen kann auch gelingen, wenn wir unsere eigene „schwarze“ Liste ansehen mit all den Ereignissen, in denen wir anderen gegenüber wenig erfreulich gehandelt haben. Regelrecht befreiend – auch noch nach Jahren – ist manchmal ein „Verzeihung bitte“.

   

Checkliste

Die Checkliste verweist auf Fragen und Erfahrungen aus der täglichen Coaching-Praxis.

1.) Kränkungen, Enttäuschungen, unerfüllte Erwartungen erleben wir immer wieder. Manchmal sogar von Menschen, die uns besonders wichtig sind. Wenn wir uns dafür entscheiden, nach der ersten Wut und der ersten Verbitterung uns aus der Falle der immer wiederkehrenden negativen Gedanken, wie er oder sie uns das antun konnten, herauszukommen, dann können vier Schritte dazu beitragen zu verzeihen:

a.) Akzeptieren, dass der andere sich so verhalten hat, ohne dass wir sein Verhalten gut heißen.

b.) Versuchen zu verstehen, was ihn dazu gebracht hat, sich so zu verhalten.

c.) Der Versuch, ihm zu verzeihen und sei es, in dem wir ihm innerlich vergeben. Nicht immer gelingt dies sofort. Manchmal müssen wir dabei heftige Widerstände in uns überwinden.

d.) Zu wissen, dass wir nicht jedes Tun verzeihen müssen. Es anzunehmen und uns von den negativen Gedanken zu befreien, muss manchmal reichen.

2.) Hilfreich kann sein, uns zu fragen, was wir dazu beitragen, dass sich bestimmte Situationen so ereignen. Fehlt es uns beispielsweise an Mut, einen Konflikt auch mal offen auszutragen? Sind wir zu sehr auf die Verteidigung unserer Positionen konzentriert und vergessen dabei, dass sich eine Situation aus der Perspektive unseres Gegenübers ganz anders darstellen kann, und er deshalb gar nicht versteht, weshalb wir wütend sind oder uns von ihm zurück ziehen.

3.) Hilfreich ist auch zu sehen, dass Akzeptieren und Verzeihen keine Schwächen sondern Stärken sind.

 

Tipps zum Lesen

Immer, wenn es für uns möglich ist, wählen wir für Sie aus der sehr umfangreichen Literatur zu Beruf und Karriere einige Bücher aus, die unsere ganz subjektiven Empfehlungen für Sie sind:

 

Röcker, Anna E., Die befreiende Kraft des Verzeihens

2008, Droemer Knaur Verlag, ISBN: 9783426656044

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