Verhandeln wie Renate…

„Heute brauche ich einen Tipp von Ihnen“, ruft mir meine Lieblingsverkäuferin Renate schon entgegen, als ich an ihre Fischtheke trete. Angespannt schaut sie mich an. „Meine Kollegen und ich finden einfach keinen Weg, wie wir künftig die Arbeitszeiten für alle so gestalten, dass jeder von uns damit zufrieden ist.“ Während sie mir den leckeren Heringssalat abwiegt, erzählt sie mir, wie sie bislang miteinander umgegangen sind. Jeder habe versucht, sich gegenüber dem anderen durchzusetzen. Die „Vielquatscher“ (so Renate) haben dabei den Schüchternen keine Chance gelassen, ihre Wünsche und Lösungsvorschläge auf den Tisch zu packen, so beschreibt sie die Situation in den bisherigen, fruchtlosen Gesprächen.

Gemeinsam entwickeln wir ein paar Strategien, die Renate für sich in zwei konkrete Handlungsmöglichkeiten übersetzt. „Wir müssen lernen, uns wirklich an- und zuzuhören. Jeder soll in Ruhe sagen können, welche Interessen er hat. Beispielsweise, dass er nur an bestimmten Tagen und zu bestimmten Zeiten arbeiten will, weil dann die Kinder in der Schule sind oder weil die Ehefrau ebenfalls nur alle zwei Wochen Spätdienst machen kann.“

Beim nächsten Einkauf strahlt sie mich wie gewohnt an und erzählt von ihren Erfahrungen. Nachdem in der nächsten Gesprächsrunde jeder in ihrem Bedienungsteam darlegen konnte, weshalb er bestimmte Arbeitszeiten für sich bevorzugt, haben Renate und ihre Kollegen verschiedene Lösungsszenarien entwickelt. Anhand von objektiven Kriterien, die sie sich gemeinsam vorher überlegt hatten und „nach längerem Diskutieren der verschiedenen Möglichkeiten“ fanden Renate und ihre Kolleginnen und Kollegen einen für alle tragbaren Kompromiss.

„Wichtig war für uns“, sagt sie, „dass wir gelernt haben zuzuhören, weshalb jemand zu bestimmten Zeiten arbeiten möchte und ob er dies auch sachlich wirklich gut begründen kann und nicht darüber nachzudenken, mit welchen Argumenten wir unsere Positionen gegenüber den anderen am Besten durchsetzen.“ Als hart, aber fair bezeichnete sie am Ende die Verhandlungsrunden.

Checkliste

Die Checkliste verweist auf Fragen und Erfahrungen aus der täglichen Coaching-Praxis.

 

1.) Eine freundliche und zugewandte Gesprächsatmosphäre und gegenseitiger Respekt helfen, einen Kompromiss zu finden.

2.) Definieren Sie, welche Ziele Sie gemeinsam erreichen möchten. Fragen Sie sich dabei auch, welche Sie bereits erreicht haben.

3.) Stellen Sie dar, über welche Inhalte Sie verhandeln können und bei welchen Sie keinen Kompromiss schließen. Wenn Sie mit Ihrem Gegenüber keinen Kompromiss finden, dann prüfen Sie, welche Alternativen es gibt. Vielleicht ist ein Kompromiss auf Zeit die Lösung? Vielleicht ist es erforderlich, dass Sie doch nachgeben? Vielleicht müssen Sie sich aus der Situation verabschieden oder sich von dem Projekt, dem Vertrag, dem Partner trennen?

4.) Wichtig ist es, Sachfragen und die Menschen auseinander zu halten und sich auf die Interessen aller Beteiligten zu konzentrieren, anstatt auf die Positionen jedes einzelnen zu starren und darauf zu beharren (Harvard Konzept).

Tipps zum Lesen

Immer, wenn es für uns möglich ist, wählen wir für Sie aus der sehr umfangreichen Literatur zu Beruf und Karriere einige Bücher aus, die unsere ganz subjektiven Empfehlungen für Sie sind:

 

Fisher, Roger, Ury, William, Patton, Bruce, Das Harvard Konzept

2004 (22. Auflage), Campus Verlag, ISBN 978-3593374406

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