Mein Chef lobt mich nie

Sven saß gespannt am Schreibtisch seines Chefs. Wie gewünscht hatte er eine schwierige Aufgabe termingerecht und nach seiner Einschätzung sehr gut bearbeitet und wartete nun auf die Reaktion seines Gegenübers. Sein Vorgesetzter reagierte eindeutig. Mit einer wedelnden Handbewegung bat er Sven, seine Analyse auf den Tisch zu legen, ansonsten kam von ihm kein weiterer Kommentar. Die laut Terminkalender vorgesehene Besprechung über die auf dem Tisch liegende Arbeit fand nicht statt. Enttäuscht und frustriert kam Sven in die Coaching-Beratung und meinte nur lapidar: „Mein Chef lobt mich nie, Kritik dagegen kommt sofort und oft recht ungehalten.“  Er stellte sich die Frage, ob er seinen Chef einmal darauf ansprechen sollte, dass er sich in seiner Tätigkeit als verantwortlicher Leiter der Informationstechnik nur unzulänglich gewürdigt fühle, und er deshalb sogar darüber nachdenke, sich eine neue Position zu suchen.

 

Sven gehört zu den über 60% der Deutschen, die den Eindruck haben, ihre Vorgesetzten schätzen ihre Arbeit nicht. Aus Enttäuschung hören sie auf, sich für ihren Job zu engagieren und kündigen innerlich. Offenbar fällt es uns viel schwerer, anerkennend auf die Leistungen unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu reagieren, als diese zu kritisieren. Wir vergessen dabei, dass wir mit Wertschätzung unseres Gegenübers sehr viel mehr erreichen können, als mit jeder Kritik. Allerdings sollte ein Lob nicht wie eine zu zuckrige Schokoladensoße daher kommen. Unsere Anerkennung sollte immer individuell und möglichst auf die konkrete Tätigkeit abgestimmt sein. Und vor allem sollte sie zeitnah erfolgen. Ein Lob nach vier Wochen ist schlicht ein verschenktes Lob.

 

Und sollte Ihr Chef, Ihre Chefin zu den Lob-Muffeln gehören, dann hilft manchmal, sie einfach um ein Gespräch über Ihre Leistungen zu bitten. Denn vor allem im mittleren Management haben Führungskräfte oft Angst davor, dass zuviel Lob eher schade als nütze und vermeiden deshalb wertschätzende Worte und Reaktionen

 

Und genießen Sie es, wenn sich Ihr Gegenüber über Ihr ernst gemeintes Lob freut.

Checkliste

Die Checkliste verweist auf Fragen und Erfahrungen aus der täglichen Coaching-Praxis.

 

1.) Wenn Sie seitens Ihrer Vorgesetzten nie gelobt werden und sich dadurch verunsichert fühlen, fragen Sie nach. Etwa mit der Bitte um ein Vier-Augen-Gespräch zu einem fest vereinbarten Termin, in dem Sie erfahren möchte, wie Ihre Arbeitsleistung eingeschätzt wird.

 

2.) Richtig Loben ist eine hohe Kunst, die geübt sein will. Ein paar generelle Regeln helfen dabei:

Reagieren Sie zeitnah.

Sprechen Sie Ihre Anerkennung persönlich aus und nicht über einen Mitarbeiter, eine Mitarbeiterin von Ihnen.

Klopfen Sie den Kollegen und Kolleginnen bei Kleinigkeiten nicht gleich auf die Schulter. Lob ist dann berechtigt, wenn jemand die Leistung tatsächlich bringt, die Sie von ihm erwarten.

Vermeiden Sie generelle Floskeln. Benennen Sie genau und so detailliert wie möglich, was Sie z. B. an einer geleisteten Arbeit gut finden und deshalb hervorheben möchten.

Loben Sie individuell. Ein ehrgeiziger Mitarbeiter, eine zielstrebige Kollegin brauchen viel Anerkennung. Einem kreativen Alleskönner sind ein paar begleitende und ermunternde Worte ab und an meist Lob genug.

Kritik lässt sich gut zwischen zwei lobenden Äußerungen verpacken.

Tipps zum Lesen

Immer, wenn es für uns möglich ist, wählen wir für Sie aus der sehr umfangreichen Literatur zu Beruf und Karriere einige Bücher aus, die unsere ganz subjektiven Empfehlungen für Sie sind:

 

Bruce, Anne, Pepitone James S., Mitarbeiter motivieren, der Praxisratgeber für die neue Führungsposition, 2001, Campus Verlag, ISBN 978-3593368214

 

Chorher, Thomas, Lob des Lobens: Neue Kraft durch Anerkennung

2009, Styria Verlag, ISBN 978-3222132582

 

Sprenger, Reinhard, Mythos Motivation: Wege aus einer Sackgasse

2007, Campus Verlag, ISBN 978-3593385037

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