Sie, Erik, mach mal… – Duzen oder Siezen im Beruf?
Das war ein klasse Betriebsfest vergangenen Freitag. Getanzt bis in den frühen Morgen, den Chef geduzt, die Abteilungsleiterin auch. Die neue Arbeitswoche kann beginnen. Unser fröhliches „Guten Morgen, Helmut“, schlucken wir allerdings gerade noch herunter, als uns der Chef wie immer mit seinem gleich bleibend förmlichen „Guten Morgen, Frau Meier“ begrüßt. Hat er vergessen, dass er uns allen das Du angeboten hat? Vielleicht. Für uns gilt jedenfalls ab sofort wieder: Sie statt Du. Duzen und Siezen im Beruf ist ein Verwirrspiel, das es in sich haben kann: Der Chef sagt Sie und Du in einem Satz, der neue Kollege fühlt sich unsicher, wenn sich alle in seiner Abteilung Duzen und ihn nicht. Und oft genug empfinden wir es als unangenehm, wenn wir ungefragt und distanzlos von unserem Gegenüber geduzt werden.
Ein paar Regeln können helfen:
Der Ranghöhere / die Ranghöhere bietet dem Rangniedrigeren / der Rangniedrigeren das Du an, eine Gruppe, ein Team, eine Abteilung dem neuen Kollegen, die Ältere der Jüngeren.
Ein „Du“ bleibt ein „Du“, auch wenn ein Kollege plötzlich der neue Vorgesetzte ist.
Ein angebotenes Du kann abgelehnt werden. Mit aller Höflichkeit und viel Charme, damit der andere sich nicht verletzt fühlt.
Ein im Beruf gleichgestellter Kollege und eine Kollegin handeln ihre persönliche Anrede miteinander aus.
In einigen Firmen hat sich das englische „You can say you to me“ als Geschäfts-Du durchgesetzt und das Duzen wird entsprechend dem englischen business-you quer über alle Hierarchien hinweg gepflegt. Wichtig hierbei ist es, die Grenzen zu beachten. Hier kommt es auf den richtigen Ton zwischen den Kollegen an. Kleine Nuancen im Tonfall machen den entscheidenden Unterschied aus.
In vielen Betrieben ist es inzwischen üblich, ebenfalls angelehnt an die englischen Umgangsformen, Kollegen und Mitarbeiter mit dem Vornamen anzusprechen und zu Siezen: „Erik, bitte bringen Sie mir…“. Klingt freundlich, modern und genügend respektvoll.
Nach einem abendlichen feucht-fröhlichen Umtrunk mit Kollegen und dem Chef und dem dort verabredeten Du gegebenenfalls am nächsten Tag klären, ob der Kollege / die Kollegin dabei bleiben möchte oder nicht. Beim Chef bitte abwarten, wie er sich verhält. Sagt er wieder „Sie“, kehren Sie ebenfalls und kommentarlos zum „Sie“ zurück.
Und im Privatleben heißt es nach wie vor: Der Ältere, die Ältere bietet dem Jüngeren, der Jüngeren das „Du“ an.
Und immer gilt: Lieber einmal mehr ein nettes, zuvorkommendes „Sie“ als ein für Ihr Gegenüber zu rasches „Du“ oder gar ein „Sie, Erika, mach mal…!“.
Checkliste
Die Checkliste verweist auf Fragen und Erfahrungen aus der täglichen Coaching-Praxis.
1.) Anders als noch vor ein paar Jahren wird in vielen Firmen wieder Wert auf die richtigen Umgangsformen gelegt. Wenn Sie nicht genau wissen, welche Regeln in Ihrem Unternehmen gelten, fragen Sie nach.
2.) Wenn Sie sich nicht an die Regel des generellen Duzens in Ihrem Unternehmen halten wollen, dann suchen Sie sich eine klare, kurze und freundliche Antwort für Nachfragen seitens Ihrer Kollegen.
3.) Seien Sie sparsam mit dem „Du“ im Kollegenkreis, wenn das Du in Ihrem Unternehmen nicht zum generellen Umgang miteinander gehört. Genießen Sie das Du mit Ihren Freunden und Ihrer Familie.
4.) Manchmal muss das berufliche Du wieder ein Sie werden. Sprechen Sie dies offen an, nennen Sie Ihre Gründe, z. B. den Missbrauch Ihres Vertrauens seitens Ihres Gegenübers, und bleiben Sie dann konsequent beim Sie, auch wenn der andere Sie duzt.
Tipps zum Lesen
Immer, wenn es für uns möglich ist, wählen wir für Sie aus der sehr umfangreichen Literatur zu Beruf und Karriere einige Bücher aus, die unsere ganz subjektiven Empfehlungen für Sie sind:
Elisabeth Bonneau: 300 Fragen zum guten Benehmen, GU Verlag, 2005, ISBN 3-7742-8778-3
Brigitte Marx-Lang: Berufliches Parkett – Ihr Auftritt bitte!, Sehnert Verlag, 2004, ISBN 3-980754-1-1
Christina Tabernig, Anke Quittschau: Business Knigge für Frauen, Rudolf Haufe Verlag, 2006, ISBN-3-448-06558-7